Evangelische Kirche lässt Beziehungen zu Sinti und Roma aufarbeiten

Jahrzehntelanger Verrat

Die Evangelische Kirche in Deutschland, EKD, will die Geschichte von Protestantismus und Antiziganismus wissenschaftlich aufarbeiten lassen. Dazu werde ein Sonderstipendium ausgeschrieben, teilte die EKD am Donnerstag in Hannover mit.

Kinder einer Roma-Siedlung / © Oksana Shufrych (shutterstock)
Kinder einer Roma-Siedlung / © Oksana Shufrych ( shutterstock )

Das Projekt soll im Forschungsbereich der Kirchengeschichte angesiedelt werden und zielt auf die Beleuchtung bisher unterschätzter Aspekte kirchlicher und diakonischer Praxis ab - beispielsweise in der Seelsorge, Jugendhilfe oder im Gemeindealltag.

Es solle aber auch um die Kollaborationen der Kirchen in der NS-Zeit sowie den Umgang mit der Minderheit in der Nachkriegszeit in West- und Ostdeutschland gehen.

Man erhoffe sich von einer solchen Forschungsarbeit, dass blinde Flecken in Geschichte und Gegenwart der Kirche benannt würden. "Die Schuldgeschichte der Kirche an den Mitgliedern der verfolgten Minderheit ist groß. Sie reicht vom Wegschauen bis zum Verrat und zur aktiven Beteiligung an der Verfolgung", sagte Auslandsbischöfin Petra Bosse-Huber laut Mitteilung. Durch das Verschweigen der eigenen Taten und des Leides der Opfer und ihrer Nachkommen habe sich dieser Verrat in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg fortgesetzt.

Das Forschungsprojekt wird den Angaben zufolge gemeinsam mit dem Zentralrat der Sinti und Roma, dem Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma, dem Netzwerk Sinti Roma Kirchen und der Evangelischen Akademie zu Berlin verantwortet.

Sinti und Roma

"Roma" ist der international gebräuchliche und akzeptierte Oberbegriff für viele Gruppen, die in fast allen Ländern Europas leben. Er wird nach längeren internen Debatten von den meisten auch als Eigenbezeichnung genutzt.

Als "Sinti" bezeichnen sich diejenigen, die schon seit dem 15. Jahrhundert in Deutschland ansässig sind. Andere sind im 19. Jahrhundert zugewandert, sie verstehen sich nicht als Sinti, sondern als deutsche Roma.

Sinti und Roma (KNA)
Sinti und Roma / ( KNA )
Quelle:
epd