Der Münchner Kardinal Reinhard Marx hat das "couragierte Widerstandshandeln" der Sinti und Roma gegen die"Mordpläne der SS" als bis heute vorbildhaft bezeichnet. In einem am Donnerstag in München veröffentlichten Brief an Romani Rose, den Präsidenten des Zentralrates der Sinti und Roma in Deutschland, räumte Marx zugleich ein moralisches Versagen der Kirchenleitung der Erzdiözese München und Freising gegenüber den hilfesuchenden Sinti und Roma während der NS-Diktatur ein.
Es bleibe daher der Auftrag, sich jeglichen Formen von Antiziganismus, Diskriminierung und Menschenhass entschieden entgegenzustellen.
"Würde verteidigt"
Marx bezeichnete den Europäischen Holocaust-Gedenktag für Sinti und Roma (2. August) als ein Zeichen gegen wieder erstarkende Formen von Rassismus und politischem Radikalismus. An diesem Tag werde nicht nur an das schreckliche Unrecht und Leid, das die Deutschen vor 80 Jahren über die Gruppe der Sinti und Roma gebracht hätten, erinnert.
Zugleich stehe im Mittelpunkt auch der tatkräftige Widerstand, den am 16. Mai 1944 viele aus dieser Gruppe geleistet hätten, schreibt der Kardinal: "Mit ihrem mutigen Einsatz gegen die Unterdrücker hatten sie nicht nur ihr bloßes Leben, sondern auch ihre unveräußerliche Würde als Menschen und Geschöpfe Gottes verteidigt."
Seite an Seite mit den letzten Überlebenden
Der Gedenktag sei in diesem Jahr besonders wichtig und wegweisend, so Marx: "Nicht nur ist es der symbolische 80. Jahrestag der Ermordung von 4.300 Sinti und Roma, darunter zahllose alte und kranke Menschen, Frauen und Kinder – die letzten Verbliebenen der Sinti und Roma im Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau." Es sei auch ein Tag, an dem noch einmal Seite an Seite mit den letzten Überlebenden und Zeitzeugen des Holocaust der Ermordeten gedacht werden könne.
Am 2. August 1944 hatte die SS die verbliebenen rund 4.300 Sinti und Roma im KZ Auschwitz ermordet. Die SS hatte bereits am 16. Mai 1944 versucht, Tausende Angehörige der Minderheit in den Gaskammern umzubringen.
Diese Vernichtungsaktion wurde wegen des erbitterten Widerstands der Sinti und Roma abgebrochen. Die Gesamtzahl der Opfer des Genozids wird den Angaben zufolge auf 220.000 bis 500.000 geschätzt.