Evangelischer Bischof Gohl äußert sich zu Volkstrauertag

Segnungen für Soldaten und Erinnerungskultur

Für den württembergischen evangelischen Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl ist der Volkstrauertag am kommenden Sonntag so aktuell wie eh und je. Ursprünglich Gedenktag für gefallene Soldaten, erinnert er heute an Kriegsopfer weltweit.

Autor/in:
Matthias Pankau
Eine gelbe Rose liegt auf dem Grabstein des unbekannten Soldaten auf dem Hauptfriedhof Eisenach. / © Martin Wichmann/Wichmann-TV (dpa)
Eine gelbe Rose liegt auf dem Grabstein des unbekannten Soldaten auf dem Hauptfriedhof Eisenach. / © Martin Wichmann/Wichmann-TV ( dpa )

epd: Herr Landesbischof, ist der Volkstrauertag noch zeitgemäß?

Ernst-Wilhelm Gohl (Landesbischof der evangelischen Landeskirche in Würtemberg): Ja. Gerade in den gegenwärtigen Zeiten ist es wichtig, sich an das zu erinnern, was Krieg bedeutet: Zerstörung, Elend, Not und Tod. 

Auch wenn ich weiß, dass Gedenkfeiern zum Volkstrauertag von immer weniger Menschen besucht werden, sind sie doch ein wichtiger Punkt unseres kulturellen Gedächtnisses. Sie halten die Erinnerung wach und mahnen uns. 

Landesbischof der Evangelischen Landeskirche in Wuerttemberg, Ernst-Wilhelm Gohl , portraetiert wahrend der Jahrestagung der Generalsynode der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) in Ulm  / © Heike Lyding (KNA)
Landesbischof der Evangelischen Landeskirche in Wuerttemberg, Ernst-Wilhelm Gohl , portraetiert wahrend der Jahrestagung der Generalsynode der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) in Ulm / © Heike Lyding ( KNA )

Krieg hat nichts Ruhmvolles, sondern ist und bleibt etwas Schreckliches. Für mich wäre wichtig, dass es nicht nur um das Erinnern eines "Damals" geht, sondern eine Mahnung für unsere Zeiten und die Zukunft.

epd: Die Kriegsgefahr wächst weltweit. Würden Sie Soldaten für ihren Einsatz im Feld segnen?

Gohl: Ja, das würde ich tun - aber mit einer entscheidenden Einschränkung: Ich würde nicht eine Mission, einen Auftrag oder einen Krieg selbst segnen, sondern die Menschen, die ins Ungewisse, in Schweres aufbrechen - mit Fragen, Zweifeln, Sorgen und großen Nöten.

Ernst-Wilhelm Gohl

"Ich würde nicht eine Mission, einen Auftrag oder einen Krieg selbst segnen, sondern die Menschen."

Die Familien zurücklassen. Ich würde darum bitten, dass sie Entscheidungen treffen, die zum Frieden führen und nicht zur Eskalation. Dass die Soldatinnen und Soldaten ihre Waffe nicht gebrauchen müssen.

Ich würde auch darum bitten, dass wir Menschen lernen, dass nach Gottes Willen Krieg nicht sein soll. Dass Gott einen anderen Weg für uns will und wir doch in einer unerlösten Welt leben, in der wir uns füreinander einsetzen müssen. 

Wer Dienst in der Bundeswehr und damit in einer parlamentarisch legitimierten Armee tut, dient dem Frieden und nicht dem Krieg. Die Bundeswehr ist keine Angriffsarmee, keine Söldnerarmee, die Krieg gegen Geld führt, sondern zum Schutz und zur Verteidigung.

epd: Wie beurteilen Sie Erinnerungs- und Gedenktafeln an gefallene Soldaten der beiden Weltkriege in Kirchengebäuden?

Gohl: Ich würde sagen, dass kirchliche Gebäude auch immer Abbild ihrer Geschichte sind, in denen sich Generationen verewigt haben. Das macht auch den ganz besonderen Charme von Kirchengebäuden aus. Ich wäre nicht dafür, sämtliche Kriegsdenkmäler in Kirchen zu entfernen.

Aber ich würde Gemeinden dazu einladen, sich über dieses Erbe einmal auszutauschen, darüber nachzudenken, wie es für sie in den Kirchenraum gehört oder auch nicht - und warum. Fangen wir mit diesen Tafeln noch etwas an? Warum haben sie frühere Generationen angebracht?

Ernst-Wilhelm Gohl

"Geschichte kann nicht einfach vergessen und getilgt werden."

Vielleicht kann es dann eine Lösung sein, diese Gedenktafeln mit einem Zusatz zu versehen, sie quasi aus der Gegenwart heraus zu kommentieren. Und vielleicht kommt man an anderer Stelle zur Erkenntnis, dass diese Gedenktafeln hier so nicht hängen bleiben können, sondern in ein Museum gehören, weil sie das gottesdienstliche Geschehen und Erleben zu stark beeinträchtigen.

Was aus meiner Sicht jedoch nicht geht, wäre, diese Gedenktafeln einfach zu entsorgen. Sie stehen auch für einen Teil unserer Geschichte und diese Geschichte kann nicht einfach vergessen und getilgt werden.

Volkstrauertag

Am Volkstrauertag gedenken die Menschen in Deutschland der Opfer der beiden Weltkriege sowie des Nationalsozialismus. Seit Anfang der 1950er Jahre findet der nationale Gedenktag im November statt, immer zwei Sonntage vor dem ersten Advent. Der Tag soll zu Versöhnung, Verständigung und Frieden mahnen und auch Opfer von anderen Kriegen und Verfolgung in den Blick nehmen.

Volkstrauertag (dpa)
Volkstrauertag / ( dpa )
Quelle:
epd