Der polnische Priester Krzysztof Charamsa wirft der katholischen Kirche Homophobie und Doppelmoral vor. Er sprach am späten Freitagabend in der SWR-Fernsehsendung "Nachtcafé" nach Angaben des Senders von einer wahren "Schwulen-Paranoia" im Vatikan, insbesondere der Glaubenskongregation, deren Mitglied er zwölf Jahre lang war. In der Sendung zum Thema "Das Kreuz mit dem Sex" nannte er als einen Grund für die von ihm unterstellte Homophobie in der Kirche, dass viele der Priester im Vatikan ebenfalls heimlich schwul lebten. Die katholische Kirche brauche "ein riesengroßes Coming-out", sagte Charamsa, der sich selbst zu seiner Homosexualität bekannte.
Hamburger Weihbischof ebenfalls zu Gast
In derselben Sendung erklärte der Hamburger Weihbischof Hans-Jochen Jaschke, der auch Mitglied der Deutschen Bischofskonferenz ist, dass es "natürlich Homosexuelle unter Priestern" gebe, wohl auf allen Ebenen der Kirche. "Aber wir sind keine homosexuelle Bande, die in Frauenkleidern herumläuft", sagte Jaschke der SWR-Mitteilung zufolge. Die Kirche müsse "rauskommen aus der Heuchelei", erklärte der Weihbischof. Er selbst akzeptiere Menschen mit homosexueller Neigung. "Ob die nun Priester werden sollen, darüber kann man streiten", meinte er.
Der 43-jährige Charamsa hatte sich Anfang Oktober mit seinem katalanischen Partner in Rom als homosexuell geoutet. Der Glaubenskongregation warf er eine "paranoide Homophobie" vor. Darauf verlor er umgehend seinen Posten im Vatikan sowie seine Lehrbefugnis für päpstliche Hochschulen. Zwei Wochen später suspendierte ihn sein Heimatbischof im polnischen Pelplin von seinen priesterlichen Aufgaben.
Woelki: Jeder Jeck ist anders
Die Vorgänge hatten im Oktober 2015 für viele Diskussionen gesorgt. Auch Kardinal Woelki wurde in der WDR Talksendung "Kölner Treff" zu diesem Thema befragt. Er stellte damals fest, dass Charamsa nicht deshalb seine Ämter los sei, weil er sich als homosexuell geoutet habe, sondern weil er in einer Partnerschaft lebe. Das sei ein Bruch des Zölibatsversprechens.
In Köln sei Homosexualität Gang und Gäbe, werde einfach angenommen und toleriert, so Woelki. Hier sage man "jeder Jeck ist anders". Die katholische Kirche habe immer klar gesagt, dass sie die Ehe zwischen Mann und Frau präferiere, erklärte Woelki. Papst Franziskus habe aber genauso vor einiger Zeit erklärt: "Wie komme ich dazu, homosexuelle Menschen zu diskriminieren oder zu verletzen". Insofern habe auch er selbst Achtung vor jedem Menschen und reduziere keinen Menschen auf seine sexuellen Orientierungen und Neigungen, betonte Woelki.
Demonstration gegen Homo-Ehe in Italien
In Italien erhitzt das Thema Homo-Ehe momentan die Gemüter. Katholische Organisationen haben dort für Samstag zu einer Kundgebung gegen die rechtliche Anerkennung von Homo-Ehen aufgerufen. Zu der Demonstration am Circus Maximus in Rom werden Hunderttausende Teilnehmer erwartet. Der Protest richtet sich gegen einen Gesetzentwurf, wonach Schwule und Lesben in eingetragener Partnerschaft den Namen des Partners annehmen sowie dessen leibliche Kinder adoptieren können, sofern diese keinen weiteren Elternteil haben.
Zu dem Gesetzgebungsverfahren in Italien hat sich Papst Franziskus bereits deutlich geäußert. Er erklärte, dass es "keine Verwirrung geben kann zwischen der von Gott gewollten Familie und jeder anderen Art von Verbindung".Die Kommentatoren werteten dies als bewussten Beitrag des Papstes zur aktuellen Diskussion im italienischen Parlament um eine entsprechende Gesetzesvorlage.
Das katholisch geprägte Italien ist eines der letzten westeuropäischen Länder, in dem es keinen Rechtsstatus für Homopaare gibt. Am vergangenen Wochenende gingen bereits Zehntausende Anhänger der Homo-Ehe in mehreren italienischen Städten auf die Straße.