Experten: Situation in Textilfabriken in Bangladesch hat sich verbessert

Kritik an niedrigen Löhnen und Umweltbelastung bleibt

Als vor fünf Jahren, im April 2013, das achtstöckige Gebäude des Rana Plaza in Bangladesch einbrach und 1.134 Menschen starben, ging ein Aufschrei um die Welt. Doch was hat sich seitdem getan?

Rana Plaza-Überlebende (dpa)
Rana Plaza-Überlebende / ( dpa )

Fünf Jahre nach dem verheerenden Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza hat sich die Situation in den Produktionsstätten in Bangladesch nach Ansicht von Experten verbessert. Die Gebäudesicherheit sei deutlich gestiegen, waren sich Vertreter von Industrie, der Nichtregierungsorganisation Südwind und der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) am Montagabend bei einer Diskussionsveranstaltung in Bonn einig. "Allerdings mangelt es immer noch an sicheren Beschäftigungsverhältnissen und lebenssichernden Löhnen", kritisierte Sabine Ferenschild vom Südwind Institut.

Druck der internationalen Öffentlichkeit

Ansgar Lohmann vom Textil-Discounter KiK wies darauf hin, dass die Textilindustrie nach dem Unglück, bei dem im April 2013 insgesamt 1.135 Menschen ums Leben kamen, gehandelt habe. Unter dem Druck der internationalen Öffentlichkeit hatten sich rund 200 europäische Unternehmen zum Bangladesch Accord zusammengeschlossen, der für mehr Sicherheit in den Fabriken sorgen sollte. Seitdem seien 1.700 Textilfabriken kontrolliert und 85 Prozent der entdeckten Mängel beseitigt worden, sagte Lohmann.

"Nach wie vor können die Beschäftigten aber nicht von ihrem Einkommen leben", kritisierte Ferenschild. Der Mindestlohn für die Textilarbeiterinnen von umgerechnet monatlich rund 60 Euro sei seit fünf Jahren nicht gestiegen. Um überleben zu können, müssten die Näherinnen extrem viele Überstunden leisten. Auch die gewerkschaftliche Organisierung der Textilarbeiterinnen werde nach wie vor unterdrückt. "Die Auftraggeber müssen deshalb aktiv zu einem höheren Lohnniveau beitragen", forderte Ferenschild.

Die Crux mit der Vergütung

Sein Unternehmen sei grundsätzlich dazu bereit, höhere Löhne zu unterstützen, sagte Lohmann. Allerdings müsse zuerst gewährleistet werden, dass eine höhere Vergütung auch bei den Arbeiterinnen ankomme und nicht in den Taschen der Fabrikeigentümer lande. Denn schon jetzt sei es für die Unternehmen nicht leicht, sicherzustellen, dass die Textilhersteller auch tatsächlich die Mindestlöhne an die Fabrikangestellten zahlten. "Die einzigen, die das nachprüfen, sind die westlichen Auftraggeber", sagte Lohmann. Die Fabrikeigentümer und der Staat hätten kein Interesse an höheren Löhnen.

Jochen Weikert, Südasien-Experte bei der GIZ, wies darauf hin, dass die Textilindustrie durch den hohen Einsatz an Wasser und Chemikalien auch erhebliche Umweltprobleme in Bangladesch verursache. Auch hier seien die westlichen Textilunternehmen in der Verantwortung. Denn etwa Filteranlagen rechneten sich für die Fabrikbesitzer nur dann, wenn sie stabile Lieferbeziehungen hätten.

Schwierigkeiten für Verbaucher

Die Verbraucher hätten nur wenig Möglichkeiten, Einfluss auf die Produktionsbedingungen von Textilien zu nehmen, stellte Ferenschild fest. Denn der Preis eines Kleidungsstückes sage nichts darüber aus, unter welchen Umständen es hergestellt worden sei. Auch die unübersichtliche Zahl von Produktlabeln sei nur bedingt hilfreich.

"Denn sie decken alle nicht die gesamte Wertschöpfungskette ab", kritisierte Ferenschild. Das werde wohl auch für das vom Bundesentwicklungsministerium geplante Label "Grüner Knopf" gelten. Ferenschild appellierte an die Verbraucher, politisch aktiv zu werden und bei den Unternehmen Auskünfte über die Herstellungsbedingungen ihrer Produkte einzufordern.


Quelle:
epd