Expertin gibt Tipps fürs richtige Pilgergepäck

"Weniger ist mehr"

Sind die Schuhe noch nicht ganz eingelaufen? Solche Fehler sollte man vermeiden, wenn es auf lange Wandertouren geht. Doch was braucht man wirklich und was ist nützlich? Beate Steger ist bereits oft gepilgert und gibt ein paar Tipps.

Rucksack, Wanderschuhe und Trekkingstöcke (shutterstock)
Rucksack, Wanderschuhe und Trekkingstöcke / ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Erinnern Sie sich noch an Ihre erste Pilgertour? Was haben Sie da übers Pilgergepäck gelernt?

Beate Steger (Pilgerexpertin und Autorin beim Magazin "Der Pilger"): Dass weniger mehr ist. Ich kann diesen Spruch eigentlich selber gar nicht mehr hören, aber das ist wirklich wahr. Ich hatte viel zu viel dabei. Ich hatte zwei Paar Schuhe, einmal die Wanderschuhe und dann noch ein Paar Schuhe für abends zum Rumlaufen. Da bin ich gar nicht mehr reingekommen, weil die Füße abends durch das viele Laufen immer ein bisschen dicker waren als im Normalzustand. Es war also völliger Quatsch. Dann hatte ich eine Regenhose und Gamaschen mit dabei, doppelt gemoppelt sozusagen. Ich habe wirklich sehr gelitten am Anfang.

Beate Steger

"Man sagt ja immer, man sollte nicht mehr als zehn Prozent des Körpergewichts auf dem Rücken haben."

Symbolbild Frau mit Rucksack im Wald / © Infinity Time (shutterstock)
Symbolbild Frau mit Rucksack im Wald / © Infinity Time ( shutterstock )

Man sagt ja immer, man sollte nicht mehr als zehn Prozent des Körpergewichts auf dem Rücken haben und das ist eigentlich auch schon fast wieder zu viel. Man muss ja auch rechnen, dass man noch Wasser mit dabei hat, vielleicht auch noch ein bisschen was an Proviant, obwohl wir ja normalerweise nicht in der Wildnis unterwegs sind und immer etwas kaufen können. Aber ich habe wirklich sehr gelitten.

Das Wetter war am Anfang auch sehr, sehr schlecht. Ich war im März 2007 zum ersten Mal zu Fuß unterwegs und es war rutschig. Ich musste immer aufpassen, dass ich nicht ausrutsche und dann noch der schwere Rucksack. Also, das war am Anfang echt eine Tortur.

DOMRADIO.DE: Sie haben dann ja auch erst einmal ein paar Sachen zurückgeschickt. Aber was braucht man wirklich und was ist definitiv überflüssig?

Beate Steger

"Man sollte unbedingt ein bisschen Schnur dabei haben, damit man selber eine Wäscheleine machen kann."

Steger: Also, man sollte sich wirklich gerade in der Kleidung sehr beschränken und sich sagen, dass man immer die Möglichkeit hat, auch mal etwas zu waschen. Selbst in den Herbergen gibt es immer Wäscheständer. Wenn ich nicht in Herbergen gehe, habe ich sowieso noch mehr Möglichkeiten, etwa im Zimmer etwas aufzuhängen.

Wäscheleine / © Michael Gäbler
Wäscheleine / © Michael Gäbler

Was man unbedingt dabei haben sollte, ist ein bisschen Schnur, damit man selber eine Wäscheleine machen kann. Und Sicherheitsnadeln anstelle von Wäscheklammern. Da kann man dann auch tagsüber was an den Rucksack hängen, damit es trocknet.

Ebenfalls gehört einfach eine gute Funktionskleidung mit dazu, das heißt wirklich in einen guten Outdoorladen gehen, nicht in irgendeinen Supermarkt. Und ein bisschen mehr in das T-Shirt und ein Zweit-T-Shirt investieren. Davon braucht es nämlich auch nur zwei und nicht fünf, weil die sehr schnell trocknen. Dann eben in diesem Zwiebelprinzip denken, dass ich dann noch ein Langarm-Shirt habe oder einen Fleece, wenn es kalt ist und dann noch eine regendichte Jacke und im Notfall ziehe ich halt alles an.

DOMRADIO.DE: Aber das wichtigste beim Wandern sind ja die Schuhe. Sie sagen, man sollte sich keine neuen Schuhe kaufen?

Steger: Na ja, ich hatte bei der ersten Pilgerreise noch neue Schuhe an, weil ich mich total überstürzt auf den Weg gemacht habe. Ich habe innerhalb einer Woche entschieden, ich gehe jetzt auf diesen Jakobsweg und da habe ich sie dann auf der Strecke eingelaufen. Das sollte man eigentlich nicht machen. Man sollte die wirklich vorher schon anhaben und mehrere Touren zu Hause gemacht haben. Und dann ist auch immer diese Frage - das wird sehr viel diskutiert - braucht es die hohen Wanderstiefel, die über den Knöchel gehen oder reichen sozusagen Halbschuhe aus?

Pilgerschuhe am Jakobsweg / © Philippe Glorieux (KNA)
Pilgerschuhe am Jakobsweg / © Philippe Glorieux ( KNA )

Das ist dann auch wieder sehr davon abhängig, wo ich unterwegs bin. Wenn ich jetzt zum Beispiel den ältesten aller Jakobswege in Spanien gehe – das ist der Camino Primitivo, der ist schon im 9. und 10. Jahrhundert begangen worden ist und geht über die Berge – wären dann sicherlich die Wanderstiefel besser. Wenn ich den portugiesischen Jakobsweg an der Küste entlang gehe, kann ich das mit leichteren Schuhen machen, mit einer Art Joggingschuh oder Halbschuh. Und die sind dann ja auch deutlich leichter.

DOMRADIO.DE: Was würden Sie als Proviant empfehlen: Wasser vor allem, aber auch ein paar Snacks. Man weiß ja nicht so sicher, wo der nächste Supermarkt liegt. Haben Sie da einen Tipp?

Beate Steger

"Ja, ich habe immer so eine Mischung dabei: Nüsse und Rosinen. Das gibt genügend Energie."

Steger: Ja, ich habe immer so eine Mischung, die ich mir selber zusammenstelle: Nüsse und Rosinen. Das gibt immer genügend Energie. Und ich habe auch auf der ersten Pilgerreise viel zu wenig getrunken. Ich hatte dann einen Nierenstein, als ich in Santiago angekommen bin. Ich war also statt in der Pilgermesse zuerst im Krankenhaus. Seitdem schwöre ich auf ein Trinksystem. Das ist immer auch Ansichtssache, das mag nicht jeder, aber dann habe ich eben 1,5 Liter Wasser dabei. Wenn ich merke, das geht zur Neige, versuche ich es auch schnell aufzufüllen.

So ein paar Müsliriegel oder auch Müslikugeln, die kann man sich auch vorher selber machen. Aber ansonsten wirklich der Tipp: Wir sind nicht in der Wildnis, wir sind nicht in der Wüste Gobi oder sonst wo. Es gibt eigentlich ständig überall etwas und gerade in Spanien, wo die Infrastruktur hervorragend ist für die Pilge, gibt es sogar manchmal in ganz klitzekleinen Dörfern einen Snackautomaten. Das heißt, da kann man sich Tag und Nacht mit ein paar Münzen irgendwas ziehen, dass man die nächsten fünf Kilometer weiterkommt.

Das Interview führte Clemens Sarholz.

Jakobsweg

Der Jakobsweg ist ein europaweites Netz von Straßen und Wegen. Seit dem neunten Jahrhundert führt er Pilger vom Baltikum über Polen, Deutschland, die Schweiz und schließlich Frankreich zum angeblichen Grab des Apostels Jakobus ins spanische Santiago de Compostela. Im Mittelalter erstreckten sich die Tagesetappen meist von einem "heiligen Ort", an dem Reliquien verehrt wurden, zum nächsten.

 © Sonja Geus (DR)
© Sonja Geus ( DR )
Quelle:
DR