Expertin gibt Tipps zu Pilger-Unterkünften

Stätten der Begegnung

Lautes Schnarchen, Schweißfüße und kein warmes Wasser. Wie schlimm sind Pilger-Herbergen wirklich? Autorin und Pilger Beate Steger verrät, worauf man bei Unterkünften achten sollte und welcher ihr verrücktester Übernachtungsort war.

Jakobsweg Symbol / © KarSol (shutterstock)

DOMRADIO.DE: Man kann nicht schlafen, wegen des Schnarchens oder des Schweißgeruchs der Mitreisenden. Sind Pilger-Herbergen so schlimm?

Beate Steger (Pilgerexpertin und Autorin beim Magazin "Der Pilger"): Das kann schon mal passieren. Ich habe in Spanien so einiges erlebt. Ich werde eine Nacht nie vergessen. Es sind ja meistens Stockbetten aufgestellt, weil dann mehrere Betten in einem Raum sind. Da war ich auf der oberen Etage und gleich dahinter war ein weiteres Bett.

Da hat ein Mann wirklich schrecklich geschnarcht und ich hatte schon Mordgedanken in dieser Nacht. Das Gemeine ist ja, dass diese Menschen morgens total fit sind, die Augen aufmachen und sagen: "Was bringt uns der Tag heute?". Und die anderen, die gelitten haben, sind überhaupt nicht fit. (lacht)

DOMRADIO.DE: Haben die üblichen Pilger-Herbergen denn auch Vorteile?

Steger: Sie sind natürlich sehr günstig. Pilger wollen eigentlich auf Luxus verzichten und so einfach wie möglich unterwegs sein. Viele gehen auch gerne in Herbergen auf den Jakobswegen, weil es nicht so viel kostet, wie in ein Hotel zu gehen.

Aber es sind auch Stätten der Begegnung. Ich habe das auf meinem eigenen Pilgerweg ganz deutlich gespürt, als ich 2007 zum ersten Mal in Spanien unterwegs war. Am Anfang habe ich viel für mich sein wollen und bin eher in Pensionen und Gästehäuser gegangen. Nach und nach bin ich dann immer mehr in die Herbergen gegangen.

Zum Schluss hat es mir trotz des Schnarchens so gut gefallen, dass ich nur noch in Herbergen war, weil wir abends zusammen gekocht haben, wenn es eine Küche gab. Oder wir sind zusammen zum "Pilger-Menü" rausgegangen. Wir saßen draußen im Garten und alle haben ihre Füße gepflegt, nach den Blasen geschaut, die Füße in eiskaltem Wasser gekühlt oder so. Diese Gemeinschaft und diese Verbundenheit erlebt man nur in Pilger-Herbergen.

Beate Steger

"Diese Gemeinschaft und diese Verbundenheit erlebt man nur in Pilger-Herbergen."

DOMRADIO.DE: Welche anderen Möglichkeiten als Sammelunterkünfte gibt es denn?

Steger: In Spanien gibt es da verschiedene Arten. Es gibt kirchliche und städtische Herbergen. Bei den kirchlichen schlafen die meisten Menschen in einem Raum, dafür zahlt man meist aber nur eine Spende. Die städtischen Herbergen sind auch nicht sehr teuer.

Dann gibt es auch immer mehr private Herbergen. Leute, die ein Haus übrig haben oder Zimmer in ihrem Haus frei haben, stellen es zur Verfügung. Da sind dann auch weniger Betten in einem Raum, es kostet dann aber auch mehr, zum Beispiel 15 Euro die Nacht. Dafür ist man dann nur mit vier bis sechs Personen in einem Raum.

DOMRADIO.DE: Was waren bisher die außergewöhnlichsten Unterkünfte, in denen Sie schon mal übernachtet haben?

Steger: Ich war im Kloster Andechs auf dem Münchner Jakobsweg. Das ist natürlich großartig. Um da unterzukommen, muss man sich allerdings früh anmelden, nicht erst am Pilgertag, weil es so begehrt ist.

Ich war aber auch mal auf der "Via Regia", der alten Königsstraße, die von Görlitz bis nach Vacha verläuft, in einem Armenhaus. Das sieht wie ein Museum aus, so wie man früher ein Haus für arme Leute gebaut hat. Es hat nur einen Raum unten und oben den Dachboden, wo man geschlafen hat. Es gab eine Feuerstelle, also einen Ofen, mit dem man kochen konnte und Wasser aus der Milchkanne, sonst nichts. Es war kein fließend Wasser da und es gab ein Plumpsklo hinter dem Haus.

Ich habe bei der "Via Regia" dieser Unterkunft entgegen gefiebert. Da ist nur Platz für drei Pilger, also bin ich an dem Tag besonders schnell gelaufen, damit ich da auf jeden Fall hinkomme.

DOMRADIO.DE: Und haben Sie es geschafft?

Steger: Ja, wir waren dann sogar zu viert. Einer hat noch im Erdgeschoss auf dem Holzboden geschlafen. Die Familie, die dieses Armenhaus betreut, kam morgens mit einem Frühstück. Das ist wirklich sensationell gewesen. Diese Herberge gibt es auch immer noch: das Armenhaus in Stenz.

DOMRADIO.DE: Worauf sollte man achten, wenn man nach einem Tag mit vielen Kilometern auf dem Buckel erschöpft in einer Unterkunft ankommt? Was braucht der Pilger, die Pilgerin dann wirklich?

Ankommen in der Herberge / © Pedro Rufo (shutterstock)

Steger: Sie braucht Ruhe, Ruhe, Ruhe und ein Bett, wo man sich ausstrecken kann. Vielleicht auch noch eine Dusche. Aber das ist auch so eine Sache. Ich habe mehrfach erlebt, dass warmes Wasser nicht mehr vorhanden war, wenn man in einer Herberge mit vielen Pilgern ist. Das warme Wasser ist begrenzt.

Aber im Sommer ist es oft so heiß, dass man auch kalt duschen kann. Mehr braucht man eigentlich nicht.

Beate Steger

"Wir haben unsere Wohnungen vollgestopft und in der Herberge hat man einfach nur ein Bett und vielleicht noch ein Tisch und einen Stuhl."

Ich glaube, das ist das Besondere. Wenn man in einfachen Unterkünften unterkommt, merkt man, wie wenig man eigentlich braucht. Wir haben unsere Wohnungen vollgestopft und in der Herberge hat man einfach nur ein Bett und vielleicht noch ein Tisch und einen Stuhl. Mehr braucht es auch gar nicht.

Ein Badezimmer ist schön zu haben, aber es geht auch mit Plumpsklo, wie ich gesehen habe. Weniger ist mehr. In Herbergen kann man das am besten erfahren.

Das Interview führte Heike Sicconi.

Quelle:
DR