Expertin kritisiert ukrainisches Gesetz gegen Kirche

Manipulative und nicht definierte Begriffe

Das Parlament in Kiew hat grünes Licht für ein Verbot von religiösen Organisationen gegeben, die mit dem "Aggressorstaat" Russland verbunden sind. Die Ostkirchenexpertin Regina Elsner sieht die Religionsfreiheit des Landes in Gefahr.

Russisch-orthodoxer Priester / © Allatrust (shutterstock)
Russisch-orthodoxer Priester / © Allatrust ( shutterstock )

Kirchenexpertin Regina Elsner ist zutiefst beunruhigt über das vom ukrainischen Parlament beschlossene Gesetz gegen Verbindungen von Religionsgemeinschaften zu Russland. "Dieses Gesetz öffnet die Tür für schwere Verletzungen der Religionsfreiheit und eine neue Spaltung in der Ukraine", sagte sie am Dienstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Es sei traurig, dass so Hass und Gewalt gegen Gläubige der Ukrainischen Orthodoxen Kirche (UOK) "eine öffentliche Legitimation" fänden.

Das am Dienstag mit großer Mehrheit verabschiedete Gesetz stigmatisiere eine ganze Religionsgemeinschaft als "russische Kirche", so die Professorin für Ostkirchenkunde und Ökumenik an der Universität Münster. Im Gesetzestext berufe man sich auf "sehr manipulative und nicht definierte Begriffe wie die 'Ideologie der Russischen Welt' oder 'Zugehörigkeit'".

Kollaboration von Bischöfen

Als alleiniges Kriterium für ein Verbot kann demnach laut Elsner reichen, dass die UOK in den Statuten der russisch-orthodoxen Kirche genannt sei, obwohl die ukrainische Kirche darauf keinen Einfluss habe. Die nachgewiesene Beteiligung an Kollaboration von einzelnen Bischöfen könne zur Auflösung eines ganzen Bistums führen.

Ein schwerwiegendes Problem sieht die katholische Theologin auch darin, dass Gläubigen der UOK die Mitarbeit in politischen und zivilgesellschaftlichen Gremien verboten oder stark eingeschränkt werde. Auch die internationalen ökumenischen Beziehungen würden so limitiert. Kiew wolle offensichtlich die Vereinigung der UOK mit der im Dezember 2018 gegründeten Orthodoxen Kirche der Ukraine (OKU) erzwingen.

"Versöhnung der Orthodoxie"

"Es kann sein, dass sich Gemeinden oder auch Bischöfe darauf einlassen, einfach um das Verbot zu umgehen", so Elsner. "Aber das ist natürlich keine Art der Einigung, mit der man ein friedliches Auskommen miteinander beginnt, es verhindert eher die dauerhafte Versöhnung der Orthodoxie im Land." Ein Teil der UOK werde sich gar nicht darauf einlassen und "wohl in den Untergrund gehen, sich also privat treffen, eventuell radikalisieren".

In der Ukraine steht die UOK in Konkurrenz zur OKU, die von der Regierung unterstützt wird. Sie wurde Ende 2018 als Zusammenschluss des nach der staatlichen Unabhängigkeit der Ukraine entstandenen Kiewer Patriarchats und einer kleineren Kirche gegründet. Patriarch Bartholomaios I. von Konstantinopel, Ehrenoberhaupt der Weltorthodoxie, hatte der OKU Anfang 2019 ihre Unabhängigkeit verliehen. Dies wurde bislang aber nur von einem Teil der orthodoxen Kirchen anerkannt und führte auch zum Bruch des Moskauer Patriachats mit dem Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel.

Orthodoxe Kirchen in der Ukraine

Rund 70 Prozent der 45 Millionen Ukrainer bekennen sich zum orthodoxen Christentum. Sie gehören allerdings zwei verschiedenen Kirchen an: der ukrainisch-orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats und der autokephalen (eigenständigen) "Orthodoxen Kirche der Ukraine".

Orthodoxe Kirche der Ukraine / © Sergey Korovayny (KNA)
Orthodoxe Kirche der Ukraine / © Sergey Korovayny ( KNA )
Quelle:
KNA