In der ehemaligen Bundeshauptstadt wächst mittlerweile jedes fünfte Kind in Armut auf. Es geht um alltägliche Selbstverständlichkeiten, wenn Kinder in Deutschland von Armut betroffen sind. "Mama, wann machen wir mal Urlaub? Warum machen alle anderen Familien Urlaub, nur wir nicht?" bekommt eine junge Mutter aus Bonn Medinghoven oft zu hören.
2005 kam sie aus Syrien nach Deutschland. Mittlerweile hat sie einen Minijob. Für den Lebensunterhalt sind sie und ihr Mann aber weiter auf Harz IV angewiesen. Und das heißt: Die Familie hat mit ihren beiden Kindern gerade Mal um die 1.380 Euro im Monat zum Leben. Wenn sie davon Essen, Auto und sonstige Rechnungen bezahlt haben, bleibt für die Kinder kaum etwas übrig.
Reiche Stadt – Arme Kinder
"Es ist empörend, dass in einer so reichen Stadt wie Bonn Kinderarmut wächst", erzählt Ulrich Hamacher, Chef der Diakonie Bonn im Interview. Mehr als 1.000 Millionäre und ein Bruttoinlandsprodukt von 60.000 Euro pro Einwohner. Trotzdem sind 20 Prozent der Kinder in Bonn von Armut betroffen. "Kinder erfahren sehr konkret, dass sie in einer anderen Situation sind, als Kinder in guten finanziellen Verhältnissen", weiß Ulrich Hamacher.
"Sie können nicht zum Kindergeburtstag einladen oder hingehen, weil sie ihn nicht finanzieren oder sich kein Geschenk leisten können. Sie erfahren Armut, weil sie sich das Paar Turnschuhe für die Turnhalle in der Schule nicht leisten können." Sogar die Gesundheit würde leiden, so Hamacher weiter. Von Armut betroffene Kinder würden sich ungesünder ernähren, oft nicht alle Untersuchungen beim Kinderarzt mitmachen und hätten manchmal auch schlechtere Zähne.
Arme Kinder bekommen weniger Bildung
"Ein Skandal sei das", sagt Hamacher, "weil das Problem lösbar wäre." Die Hartz IV-Sätze müssten erhöht oder eine Kindergrundsicherung eingeführt werden, er. Darüber hinaus sollte man auf Ortsebene Kinder in Schulen mehr fördern und ihnen die Möglichkeit bieten, Bildung in Anspruch zu nehmen.
Auch die junge Mutter aus Bonn Medinghoven kämpft täglich für die Bildung ihrer Kinder und stößt dabei regelmäßig an Grenzen: "Die Stadt kümmert sich zwar um Nachhilfe. Das ist aber oft zu wenig. Manchmal brauchen meine Kinder eine private Nachhilfe für zu Hause. Das können wir uns aber nicht leisten, denn eine Stunde kostet zehn Euro. Die bräuchten jeder einmal pro Woche eine Stunde, das sind 20 Euro."
Schulabschluss ist Frage des Geldes
"In kaum einem entwickelten Land der Welt hängt es so sehr von sozialer Herkunft ab, welchen Bildungsabschluss man am Ende erreicht", so Hamacher weiter. Er findet es einen Skandal, dass das deutsche Bildungssystem ein Bildungssystem sei, dass aussortieren und nicht fördern würde.
Ganz viele Schüler würden teuer bezahlten Nachhilfeunterricht bekommen, den sich arme Kinder nicht leisten könnten. "Entweder steht zu Hause ein Computer, den sie benutzen können, oder er steht nicht da. Entweder gibt es zu Hause Bücher, die vorgelesen werden können oder es gibt sie nicht. Das alles nimmt ein Kind mit in die Schule und hat dadurch Nachteile im Bildungsbereich."
Bessere Ausstattung in Schulen notwendig
Trotz Minijobs muss die Familie aus Bonn Medinghoven mit rund 1.380 Euro im Monat auskommen. Für Urlaub, Privatnachhilfe und Sportverein reicht das Geld nicht. Wenn die Kinder nach Urlaub fragen, vertröstet sie die Mutter auf nächstes Jahr. " Ob Bonn sich in Sachen Kinderarmut weiter zum Negativen entwickelt, "hängt zentral davon ab, wie die Politik nun dagegen steuern wird", sagt Ulrich Hamacher. Die Rede ist von besserer Ausstattung in Schulen und Kindergärten sowie mehr Geld für Lehr- und Lernmittelfreiheit.
Familien in Not kann aber auch jeder helfen. Zusammen mit der Diakonie hat die Caritas den Familienfond "Robin Good" eingerichtet.