Ramy Syriani ist vor eineinhalb Jahren aus Damaskus nach Berlin geflohen. Er ist 24 Jahre alt und hat in Syrien bereits sein Jurastudium abgeschlossen. In Deutschland angekommen, wusste er weder, wie er an einen Job gelangt, noch wie er eine Wohnung findet.
Über das Patenschaftsprojekt "Start with a friend" lernte er die Berlinerin Antonia Klein kennen. Seitdem hilft sie Syriani beim Deutschlernen, bei Behördengängen, oder sie trinken einfach einen Kaffee zusammen. "Sie hilft mir sehr viel", sagt er. Denn es sei schwer in einem fremden Land, dessen Sprache man nicht spricht, Freunde zu finden.
Projekt "Menschen stärken Menschen"
Um solche Patenschaften zu unterstützen, startete Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) am Dienstag in Berlin das Projekt "Menschen stärken Menschen". Künftig sollen darüber neben den Patenschaften auch Gastfamilien und Vormünder für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge gewonnen werden. Denn von den rund eine Million Flüchtlingen, die im vergangenen nach Deutschland kamen, sind etwa 60.000 unter 18 Jahre und auf sich alleine gestellt.
Verantwortung übernehmen, weil es "uns hier gut geht"
Corinna Daum wohnt in Bremen und hat seit 2007 bereits drei Flüchtlingskinder bei sich aufgenommen. Sie habe eine Verantwortung, wenn sie sehe "dass es uns hier gut geht und andere Menschen vor Krieg und Hunger fliehen müssen". Ihre eigenen Kinder wohnen nicht mehr Zuhause, "und ich bin noch zu jung, um Golf zu spielen", sagt Daum. So wollte sie einfach etwas Sinnvolles tun.
In ihrer Familie gibt es seitdem nicht mehr nur die deutsche, sondern auch eine afrikanische Zeit: "Deutsche Zeit heißt pünktlich sein - bei der afrikanischen Zeit können es unsere Gäste ein bisschen langsamer angehen", erkärt Daum.
Führungszeugnis und ein Gesundheitsattest
Dabei verlangt die Aufnahme von minderjährigen Flüchtlingen einiges von den Gastfamilien ab: Damit sie überhaupt Flüchtlingskinder aufnehmen dürfen, müssen die zukünftigen Eltern unter anderem ein Führungszeugnis und ein Gesundheitsattest vorlegen. Die Kinder und Jugendlichen werden dann über das Jugendamt vermittelt. Die Gasteltern müssen im Zweifel auch mit persönlichen Problemen umgehen: "Unsere Gastkinder haben Schlafstörungen und Angst, dass sie wieder in ihr Land zurück müssen", erklärt Daum. Dann spreche sie mit ihnen und versuche ihnen zu helfen.
"Integration ist mehr als der Gang zum Sprachkurs oder Arbeitsam"
Schwesig sieht in den Patenschaften und Gastfamilien vor allem einen guten Weg der Integration: "Integration ist mehr als der Gang zum Sprachkurs oder Arbeitsam", erläutert sie. Von der persönlichen Begegnung profitierten nicht nur die geflüchteten Menschen, sondern auch die Paten. "Unser Alltag besteht aus Freunden, Bekannten, nicht nur aus Institutionen wie der Kita, der Schule oder dem Arbeitsplatz. Dieses Miteinander kann der Staat nicht leisten", so die Politikerin.
Um Gastfamilien und Paten finanziell zur Seite zu stehen, stellt das Bundesfamilienministerium für das kommende Jahr 10 Millionen Euro zur Verfügung. Träger der Patenschaften sollen Wohlfahrtsverbände, Stiftungen, Migrantenorganisationen und Freiwilligenagenturen sein. An sie soll auch das Fördergeld fließen. Schwesig erklärt, sie sehe, dass viele freiwillige Helfer an die Grenze ihrer Belastbarkeit stießen. "Wir wollen diesen Engagierten mit dem Programm gute Rahmenbedingungen zur Seite stellen."
Auf Warteliste ständen rund 1.000 Berliner
Einer der Träger ist das Projekt "Start with a friend", durch das auch Ramy Syriani seine deutschen Freunde kennenlernte. Sarah Rosenthal hat das Projekt mitinitiiert und konnte mit ihrem Team seit April 2015 bereits 120 Tandems in Berlin zusammenbringen. "Das Engagement der deutschen Bevölkerung ist enorm", betont sie, denn auf der Warteliste ständen rund 1.000 Berliner, die Flüchtlingen helfen wollen.
Durch die Unterstützung des Bundesfamilienministeriums will "Start with a friend" nun auch in Freiburg, Köln, Frankfurt und Potsdam Flüchtlinge und Einheimische zusammenbringen. Denn "mit einem Freund, ist es immer leichter", betont Syriani.