Franziskaner nehmen Menschenwürde in den Fokus

Auf internationaler Ebene diskutieren

Das Hilfswerk "Franziskaner helfen" hat eine Straßenbahn mit Passagen aus der UN-Charta der Menschenrechte und Auszügen unseres Grundgesetzes gestaltet. Er wolle über Menschenwürde ins Gespräch kommen, so der Leiter des Hilfswerks.

Autor/in:
Oliver Kelch
Zug der Menschenwürde des Hilfswerks Franziskaner Helfen  (Franziskaner helfen)

DOMRADIO.DE: Wieso ist es eine Straßenbahn geworden? 

Pater Matthias Maier OFM (Präsident der Missionszentrale der Franziskaner): Eine Straßenbahn bewegt sich und ist nicht statisch und für uns ein gutes Symbol, das gerade auch Menschenwürde, Menschenrechte, etwas Bewegendes sind. Das soll auch nicht nur eine Bahn bewegen, sondern auch viel mehr uns Menschen, dass wir uns bewusst sind, was Menschenwürde und Menschenrechte sind. Gleichzeitig auch, dass wir uns dafür einsetzen. 

 (Franziskaner helfen)

Wir hatten vor zwei Jahren eine Wand der Menschenwürde hier in Bonn und da war dann die Überlegung, wir könnten auch eine Bahn der Menschenwürde machen.  

DOMRADIO.DE: Sie hatten vor zwei Jahren eine Wand und jetzt haben Sie eine Straßenbahn. Haben Sie damals und jetzt zur aktuellen Aktion Reaktionen bekommen? 

Pater Matthias Maier OFM: Damals haben wir das Baugerüst am Bonner Münster rundherum gestaltet. Und ich denke, die Straßenbahn wird noch mehr gesehen als ein statisches Objekt. Es geht darum, dass man sich damit beschäftigt, nicht dass man sie nur vorbeifahren sieht. 

Deshalb haben wir dann auch noch andere Aktionen im Hintergrund und auch in Verbindung mit unserer internationalen Arbeit in vielen Ländern. Wir werden dieses Thema als franziskanische Familie auch mit Franciscans International bei der UN in Genf einbringen. 

DOMRADIO.DE: Sie begleiten das Thema auch auf den sozialen Medien und auf einer eigenen Website. Welche Informationen erhält man dort? 

Pater Matthias Maier OFM: Wir informieren dort, wie die Menschenrechte einmal entstanden sind - das wissen wir ja - nach einer sehr schwierigen Zeit. Und vor allem geht es darum, dass jeder Einzelne, der auf dieser Webseite ist, sich ein wenig damit beschäftigt und erinnert wird, dass jeder selbst seinen eigenen Beitrag dazu leisten kann. 

Pater Matthias Maier OFM

"Am Ende ist es nicht nur eine Information, es muss zur Tat werden."

Das ist unsere  franziskanische, christliche Berufung, uns immer tiefer mit diesem Thema zu beschäftigen. Am Ende ist es nicht nur eine Information, es muss zur Tat werden. 

DOMRADIO.DE: Höre ich da heraus, dass Sie auch der Meinung sind, dass das Thema Menschenwürde bei uns in der Gesellschaft nicht mehr so im Kopf verankert ist? 

Pater Matthias Maier OFM: Ich glaube schon. Aber nicht aus Böswilligkeit. Alles, was für uns selbstverständlich in unseren Breitengraden ist, wird alltäglich und mit dem beschäftigt man sich am wenigsten. Und ich glaube, es braucht immer eine Erinnerung und vor allem Pflege. Ich glaube gerade diese großen Themen brauchen Pflege - immer wieder neu. 

DOMRADIO.DE: Wenn wir nun mal ins Detail gehen. In Russland werden Journalisten mit fadenscheinigen Urteilen ins Straflager gepackt, in Belarus ist ein Deutscher zum Tode verurteilt - am Dienstag Gott sei Dank aber begnadigt worden -, in Afrika sind Millionen Menschen mit Hunger konfrontiert, Inselstaaten im Pazifik drohen im wahrsten Sinne des Wortes unterzugehen. Die Liste lässt sich beliebig verlängern. Wie können die Franziskaner helfen? 

Zug der Menschenwürde des Hilfswerks Franziskaner Helfen  (Franziskaner helfen)

Pater Matthias Maier OFM: Ich denke schon, dass wir als Franziskaner helfen können. Aber es ist ein gemeinsamer Auftrag. Einerseits, dass wir diese Themen immer in Erinnerung rufen in unserer Öffentlichkeitsarbeit als Hilfswerk. Aber zweitens, dass wir mit unseren Partnern in den Dialog treten. So sehen wir auch die Nöte, sodass wir auch konkret helfen. 

Wir spüren immer neu die Veränderung der Umwelt. Wir haben immer mehr Katastrophen. Am Dienstag gab es eine große Flut und einen Erdrutsch in Indien, wo wir gleich auch vor Ort sind und dann schauen, wie wir da helfen können. 

Und es geht immer auch darum, das auf eine internationale Ebene zu bringen. Mit dem franziskanischen Hilfswerk wollen wir das an den verschiedenen Entscheidungsgremien einbringen. Ich glaube, das ist ein großes Netzwerk, wo wir viel erfahren über die oft wirklich schwierigen Sitautionen der Menschen weltweit. 

Franz von Assisi / © Bikenbark (shutterstock)

DOMRADIO.DE: Franz von Assisi folgte dem Auftrag Jesu: "Geh hin und stell mein Haus wieder auf, das, wie du siehst, ganz verfallen ist!" Diesen Auftrag nahm er wörtlich. Er renovierte die verfallenen Kapellen, lebte arm unter den Armen und richtete sein Leben ganz auf Gott hin aus. Was wäre denn, wenn jeder von uns ein wenig wie Franziskus wäre?

Pater Matthias Maier OFM: Der heilige Franziskus und sein innerstes Moment seiner Spiritualität war ja, dass Gott Mensch wird. Und das hat er ja zutiefst beachtet. Ja, diese Menschwerdung Gottes, das ist aber der innerste Kern, daraus hatte er auch geschöpft. Darin wurde dieser menschgewordene Gott, Christus, für ihn zum Lehrmeister. 

Für mich ist es sehr schön, wie er noch am Ende seines Lebens hinweist: Macht es nicht so wie ich, aber euer Lehrmeister soll dieser menschgewordene Gott Christus sein. Und ich glaube, die franziskanische Berufung ist es aus der Innerlichkeit heraus immer mehr Mensch zu werden und auch in einer Buntheit, in einer Vielfalt. Ich glaube, das ist die Botschaft des heiligen Franziskus. 

Das Interview führt Oliver Kelch. 

Franziskaner helfen

Die Aufbruchsstimmung des zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) inspirierte die neun Franziskanerprovinzen aus dem deutschsprachigen Raum 1969 zur Gründung eines Hilfswerks im Sinne des heiligen Franziskus von Assisi.

Federführend war dabei insbesondere Pater Andreas Müller OFM. Dieser nahm mit einem Startkapital von 5.000 DM in der Ministrantensakristei der Pfarrkirche St. Albertus-Magnus in Bonn Bad Godesberg (Pennenfeld) am 1. September 1969 erstmals die Arbeit in der neu gegründeten "Missionszentrale der Franziskaner" (Franziskaner Helfen) auf.

Franziskaner mit Mundschutz in Jerusalem / © Andrea Krogmann (KNA)
Franziskaner mit Mundschutz in Jerusalem / © Andrea Krogmann ( KNA )
Quelle:
DR