Die slowakische Präsidentin Zuzana Caputova hat Papst Franziskus am Morgen offiziell in ihrem Amtssitz empfangen. Nach der Begrüßung, bei der ihm als Willkommensgeste Brot und Salz überreicht wurden, und dem Abspielen der slowakischen und vatikanischen Hymnen zogen sich Caputova und Franziskus zu einem privaten Gespräch zurück.
Rede im Garten des Präsidentenpalastes
Das Konjunkturpaket der EU und der damit erhoffte wirtschaftliche Aufschwung genügen laut Papst Franziskus nicht allein, damit ein Land nach der Pandemie wieder auf die Füße kommt. Ebenso wichtig seien Solidarität und Geschwisterlichkeit, sagte das Kirchenoberhaupt am Montagmorgen in Bratislava in einer Rede vor Vertretern aus Politik, Zivilgesellschaft und Religion.
Mit ihrer wechselvollen, vom Christentum geprägten Geschichte sei die Slowakei als ein "Mittelland" dazu berufen, "eine Botschaft des Friedens im Herzen Europas zu sein". Eigens erwähnte der Papst dabei die "konfliktfreie Entstehung zweier unabhängiger Staaten" vor 28 Jahren in die Slowakische und die Tschechische Republik.
Mit Verweis auf die in Zentraleuropa verbreitete Willkommensgeste von Brot und Salz lobt er Gastlichkeit als wesentliche Tugend. Brot, so der Papst, könne nicht angehäuft werden, sondern müsse geteilt werden. Entsprechend sehe der christliche Blick "in den Hilflosen nicht eine Last oder ein Problem, sondern Brüder und Schwestern, die begleitet und behütet werden müssen".
Und so wie Salz erst nützt und wirkt, wenn es sich auflöst, "erhält die Gesellschaft durch die selbstlose Großzügigkeit derer wieder Geschmack, die sich für die anderen einsetzen". Ausdrücklich lobte Franziskus, wenn insbesondere junge Menschen hierzu motiviert werden.
Ohne junge Menschen keine Erneuerung
"Viele, viel zu viele in Europa", klagte Franziskus, "schleppen sich müde und frustriert voran" und stünden durch Hektik unter Stress, ohne Motivation und Hoffnung schöpfen zu können. "Die mangelnde Zutat", so der Papst weiter, "ist die Sorge um die anderen. Sich für jemanden verantwortlich zu fühlen, gibt dem Leben Würze."
In der rund 15-minütigen Ansprache warnte das Kirchenoberhaupt die Slowaken einerseits, dass Gerechtigkeit "niemals käuflich sein darf".
Andererseits lobte ihre Traditionen und Kultur. "Ich wünsche euch, niemals zuzulassen, dass der aromatische Geschmack eurer besten Traditionen durch die Oberflächlichkeit des Konsumismus und des materiellen Gewinns verdorben werden." Dies dürfe auch nicht durch "ideologische Kolonialisierung" geschehen - sei es durch den überwundenen Sozialismus noch durch gewinnorientierten Individualismus.
Am Nachmittag besucht das Kirchenoberhaupt zunächst privat ein Krankenhaus mit Sozialstation, das von Mutter-Teresa-Schwestern geführt wird. Später trifft er auf dem Platz der früheren Synagoge von Bratislava Vertreter der jüdischen Gemeinde. Abschließend empfängt der Papst am Abend in der Nuntiatur Parlamentspräsident Andrej Danko und Ministerpräsident Eduard Heger.
Auftakt am Sonntagnachmittag
In Bratislava ist der Papst am Sonntagabend mit Mitgliedern des Jesuitenordens zusammengetroffen. Das rund eineinhalbstündige Gespräch habe in großer Lockerheit und Offenheit stattgefunden, berichtet Vatican News unter Berufung auf Teilnehmer. Themen seien die Pandemie gewesen, Säkularisierung und abnehmende Zahlen beim Ordensnachwuchs.
Trotz des anstrengenden Tags - Franziskus war morgens um 5.00 Uhr im Vatikan aufgebrochen und hatte den halben Tag in Budapest verbracht - habe der Papst frisch und aufmerksam gewirkt, zitiert das Portal den Leiter der slowakischen Sektion von Radio Vatikan, Jozef Bartkovjak. Er und 52 weitere der 80 Jesuiten, die in der Slowakei leben, nahmen an dem Gespräch in der Nuntiatur teil.
Von sich aus habe der Papst die Ordensmänner aufgefordert, weiter besonders missionarisch tätig zu sein, vor allem in den Bereichen Erziehung sowie Aus- und Weiterbildung. Insgesamt habe das Gespräch viele gegenseitige Fragen nach Einschätzungen beinhaltet.
Private Begegnungen mit Jesuiten sind inzwischen eine Tradition bei Auslandsreisen des Papstes. Franziskus selbst gehört dem Orden an und war in Argentinien einige Jahre Provinzoberer.