Gleich zweimal hat Papst Franziskus jetzt in Sachen Ökumene auf die Bremse getreten. Am Montagvormittag empfing er das Deutsche Nationalkomitee des Lutherischen Weltbundes unter Leitung seines Vorsitzenden, Bischof Gerhard Ulrich.
Dem leitenden Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland schrieb der Papst eine eindringliche Bitte um mehr Geduld beim ökumenischen Dialog ins Stammbuch: "Wir müssen gehen und voranschreiten, doch nicht ungestüm vorpreschen, um begehrte Ziele zu erreichen, sondern gemeinsam geduldig gehen unter dem Blick Gottes."
Papst setzt auf Entschleunigung
Auch inhaltlich machte der Papst unzweideutig klar, wo er auf Entschleunigung setzt: "Einige Themen - ich denke hier an die Kirche, an die Eucharistie und an das kirchliche Amt - verdienen eingehende und gut abgestimmte Überlegungen."
Mit diesen Sätzen hat Franziskus eine seit langem erwartete Präzisierung vorgenommen. Im November 2015 hatte er bei einem Besuch in der evangelisch-lutherischen Kirche in Rom einem gemischtkonfessionellen Ehepaar auf die Frage nach der Möglichkeit eines gemeinsamen Abendmahls geantwortet: "Ich werde nie wagen, Erlaubnis zu geben, dies zu tun, denn es ist nicht meine Kompetenz. Eine Taufe, ein Herr, ein Glaube. Sprecht mit dem Herrn und geht voran. Ich wage nicht mehr zu sagen."
Seither rätselten Theologen und Vatikan-Beobachter, was der Papst mit den Worten "und geht voran" gemeint haben könnte. Auch die deutschen katholischen Bischöfe, die sich bei ihrer Frühjahrsvollversammlung in Ingolstadt im Februar diesen Jahres mit großer Mehrheit auf eine "Handreichung" zum gemeinsamen Kommunionempfang in gemischten Ehen verständigt hatten, sahen sich durch diese Äußerung des Papstes ermutigt.
Sie wollten mit der "Handreichung" eine in Deutschland schon heute weithin geübte Praxis als ökumenischen Fortschritt festschreiben.
Handreichung "nicht reif für Veröffentlichung"
Doch nun erhielten sie, ebenfalls am Montag, gleich ein zweites Bremssignal. Konservative Internetportale wie das österreichische "kath.net" oder der italienische Vatikanist Sandro Magister publizierten einen Brief der Römischen Glaubenskongregation, in dem es unmissverständlich heißt: "Der Heilige Vater ist zu dem Schluss gekommen, dass das Dokument nicht reif ist zur Veröffentlichung." In dem knappen, an den deutschen Kardinal Reinhard Marx, gerichteten Brief legt der Präfekt der Glaubenskongregation klar, dass er im Mai zweimal mit Franziskus über das Thema gesprochen habe.
"Mit der ausdrücklichen Zustimmung des Papstes" legt Ladaria nun die Dinge so dar, dass die Minderheit der deutschen Diözesanbischöfe unter Führung des Kölner Kardinals Rainer Maria Woelki sich mit ihren Bedenken gegen die Handreichung im Recht sehen kann. Im Einzelnen stellt Ladaria fest, dass die Frage der Kommunionzulassung den Glauben der Kirche berührt und eine Relevanz für die Universalkirche hat. Er spricht von "nicht zu unterschätzenden Auswirkungen" auf die ökumenischen Beziehungen zu anderen Kirchen und Gemeinschaften, und er verweist auf die schwierigen kirchenrechtlichen Implikationen einer solchen Öffnung.
Ökumene-Zug soll nicht stehenbleiben
Die Mehrheit der Deutschen Bischofskonferenz und ihr Vorsitzender Marx hatten stets betont, dass es sich bei der Kommunion-Handreichung um eine bloß seelsorgerische Frage handle, die mithin in die Zuständigkeit einer einzelnen Bischofskonferenz falle. Diese Variante ist mit dem Brief Ladarias wohl endgültig vom Tisch. Der Ingolstädter Beschluss wird bestenfalls noch eine Arbeitsgrundlage für kommende Vorstöße sein.
Dass die Bremssignale aus Rom den Zug der Ökumene zum Stillstand bringen werden, ist dennoch nicht zu befürchten. Sie sollen, wenn man die theologische Fachsprache des Ladaria-Briefes übersetzt, nur verhindern, dass die Waggons wegen zu hoher Geschwindigkeit entgleisen. Stehenbleiben soll der Zug nicht. Und deshalb enthält auch der Brief der Glaubenskongregation den wichtigen Satz für die Ökumene: "Dies ermutigt uns, vertrauensvoll voranzugehen auf dem Weg zu einer immer tieferen Einheit."