Besuche in Kinderkliniken gehören zu den emotionalen Höhepunkten auf Papstreisen. Und in einem Land wie Mexiko, in dem Menschen gerne öffentlich Emotionen zeigen, funktionieren die Fernsehbilder vom Mann in Weiß, der kranke Kinder segnet und ihnen Mut zuspricht, besonders gut.
Schon Johannes Paul II., der erste Medien- und Reisepapst der Moderne, wusste um die Wirkung dieser Bilder und setzte sie häufig ein. Bei der ersten Auslandsreise seines Pontifikats im Jahr 1979 besuchte er das mexikanische Kinderkrankenhaus "Federico Gomez", in dem auch krebskranke Kinder gepflegt und therapiert werden. Die Hälfte der Patienten kommt aus Familien, die selbst nicht das Geld haben, um die Behandlung zu bezahlen. Mehr als ein Vierteljahrhundert später hat nun auch Papst Franziskus am Sonntagnachmittag (Ortszeit) diese außergewöhnliche Klinik besucht, und er hat sich deutlich mehr Zeit dafür genommen als sein stets eilig reisender Vorgänger.
Da ein ursprünglich ebenfalls am Sonntagnachmittag geplantes Treffen des Papstes mit Kulturschaffenden kurzfristig abgesagt worden war, hatte Franziskus besonders viel Zeit für die kleinen Patienten und ihre Betreuer. Eine Dreiviertelstunde lang ging er durch die Reihen der meist in Rollstühlen sitzenden Kinder und Jugendlichen. Er sprach mit vielen von ihnen lange einzeln, segnete und umarmte sie, und löste sich auch nicht aus ihren Umarmungen, wenn diese sehr lange dauerten. "Schließt die Augen und denkt an etwas, was ihr für euch oder für andere ganz besonders wünscht", hatte er ihnen zuvor in einer kurzen Ansprache gesagt. Und für viele ging danach wohl einer ihrer Wünsche in Erfüllung: Sie durften mit "Papa Francisco" sprechen, ihn umarmen, seine Nähe spüren.
Gattin des Staatspräsidentin taut auf
Einem Kind flößt er bei seinem Rundgang demonstrativ eine Polio-Impfung in den Mund ein und unterstützt damit eine derzeit landesweit laufende Impfkampagne. Und als eine der jungen Patientinnen ihn bittet, ihm das Ave Maria von Franz Schubert vorsingen zu dürfen, willigt er ein und hört lange und sichtlich gerührt zu. Dem Papst gelingt es, die mögliche Peinlichkeit solcher Situationen durch seine Blicke, seine Berührungen und seine Spontaneität aufzulösen.
Auch die Gattin des Staatspräsidenten, Angelica Rivera, die zunächst eher steif und bemüht neben dem Papst wirkte, taut nach wenigen Minuten auf und entdeckt ihre mütterliche Seite. Auch sie umarmt Kinder und Pflegerinnen, nimmt Kleinere in den Arm und streichelt Wangen. Ihr zu Beginn etwas zu professionell wirkendes Schauspielerinnen-Lächeln verflüchtigt sich. Vor laufenden Kameras verwandelt sie sich in eine liebevolle Assistentin des Papstes auf seiner Mission der Barmherzigkeit.
Nach dem bewegenden Besuch in der Klinik fährt der Papst erneut viele Kilometer quer durch die Hauptstadt und grüßt die jubelnden Menschenmassen. An der Apostolischen Nuntiatur steigt er aus und segnet abermals die dort ausharrenden Menschen. Im Botschaftsgebäude wartet eine Gruppe von mexikanischen Jesuiten auf ihn. Das Treffen mit ihnen gehört zu den wenigen Momenten dieser Papstreise, die nicht vom Fernsehen übertragen werden.