Freiheit für Chinas Dissidenten gefordert

Nicht nur Panda-Diplomatie

Der chinesische Präsident will zum G20-Gipfel offenbar Harmonie demonstrieren. Doch Menschenrechtler verweisen auf die prekäre Lage des todkranken Friedensnobelpreisträgers Liu Xiaobo und inhaftierter Kritiker.

Flaggen von China und Deutschland (r.) / © Ole Spata (dpa)
Flaggen von China und Deutschland (r.) / © Ole Spata ( dpa )

Menschenrechte statt Panda-Diplomatie: Zum Deutschland-Besuch des chinesischen Staats- und Parteichefs Xi Jinping fordern Menschenrechtler eine Ausreiseerlaubnis für den schwer kranken Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo. Amnesty International verlangte am Dienstag vor dem G20-Gipfel zugleich die Freilassung aller inhaftierter Publizisten in China.

Während Chinas Staatschef Xi versuche, mit zwei Panda-Bären im Berliner Zoo diplomatische Sympathiepunkte zu sammeln, dauerten die Repressalien in der Volksrepublik an, kritisierte die Organisation.

Kritik von "Reporter ohne Grenzen"

"Reporter ohne Grenzen" appellierte an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), sich öffentlich für unterdrückte Regimekritiker einzusetzen. "Unter Xi hat die Unterdrückung unabhängiger Journalisten und Blogger erschreckende Ausmaße angenommen. Mindestens 103 Medienschaffende sitzen derzeit wegen ihrer Arbeit in Haft", erklärte die Journalistenvereinigung. Die Tibet-Initiative beklagte besonders die Unterdrückung der Meinungs- und Religionsfreiheit in Ost-Tibet.

Der Dissident Liu Xiaobo ist an Leberkrebs im Endstadium erkrankt. Der 61-Jährige wurde vor kurzem nach fast acht Jahren Haft zur medizinischen Behandlung freigelassen, hofft aber bislang vergeblich auf seine Ausreise. Liu Xiaobo war 2008 einer der Initiatoren der "Charta 08" für Demokratie und Menschenrechte. 2009 wurde er zu elf Jahren Haft verurteilt. Seine Frau, die Künstlerin Liu Xia, steht unter Hausarrest.

Regimekritiker unter Druck

Der Friedensnobelpreisträger von 2010 nimmt unter den chinesischen Regimekritikern eine wichtige Rolle ein. "Liu Xiaobo ist ein Netzwerker, der unterschiedliche Generationen von Dissidenten und Gruppen zusammenbringen kann", sagte Kristin Shi-Kupfer vom Berliner Mercator Institute for China Studies. Er habe Kontakte zur Demokratiebewegung von 1989, aber auch zu jungen Bloggern. "Er hat erkannt, wie wichtig Offenheit und Dialog sind. Auch das macht ihn in den Augen der chinesischen Führung so gefährlich."

Als sehr beeindruckend bezeichnete Shi-Kupfer Lius Appell aus dem Gefängnis, sich nicht vom Hass überwältigen zu lassen. "Trotz aller Repressionen sagte er: Ich habe keine Feinde", erklärte sie dem Evangelischen Pressedienst (epd). Manchen Regimekritikern sei Liu Xiaobo zu gemäßigt. "Er wollte ein anderes politisches System, aber er rief nicht dazu auf, die ganze Kommunistische Partei einfach hinwegzufegen", erläuterte sie.

Die chinesische Führung fürchte offenbar, Liu könnte nach seiner Ausreise so viel Aufmerksamkeit finden, dass die gewünschte Harmonie beim G20-Gipfel gestört wird. Deshalb werde sie sich den Termin für eine Ausreiseerlaubnis genau überlegen, sagte Shi-Kupfer. Chinas Staatspräsident Xi Jinping nimmt am Gipfeltreffen der führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) am Freitag und Samstag in Hamburg teil.

 

Quelle:
epd