Leidenschaftlicher Appell für den Kampf gegen den Hunger

Fronleichnam in Köln

Mit einem leidenschaftlichen Aufruf zum Kampf gegen den Hunger weltweit hat der Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki am Hochfest Fronleichnam an die Verantwortlichen in Politik und Gesellschaft appelliert, das vereinbarte Ziel "Zero Hunger 2030", ernsthaft zu verfolgen.

Fronleichnam (DR)
Fronleichnam / ( DR )

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Vor Tausenden von Gläubigen hat der Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki seine Predigt zum Hochfest Fronleichnam (hier zum Video) unter das Motto "Kampf dem Hunger" gestellt. Auf dem Roncalliplatz vor dem Kölner Dom erinnerte er an die im Evangelium geschilderte wundersame Brotvermehrung. Die Erinnerung an dieses Ereignis sei auch heute ein Aufruf zum Teilen, so Woelki: "'Gebt ihr ihnen zu essen', hat der Herr den Jüngern damals gesagt, 'gebt ihnen ihre Würde zurück.' Dieses Wort Jesu ist genauso wenig wie die Feier des heutigen Festes nur eine Erinnerung an frühere Zeiten und an ein früheres Geschehen. Dieses Wort richtet Jesus heute an uns, an die Mächtigen in Politik und Wirtschaft und Gesellschaft, an uns als Kirche wie an jeden von uns."

Bezugnehmend auf den Welthunger-Index prangerte Kardinal Woelki die Tatsache an, dass die Zahl der akut Hungernden in der Welt markant angestiegen sei. Hart erkämpfte Errungenschaften drohten wieder verloren zu gehen durch Konflikte, durch Klimawandel und durch schlechte Regierungsführung, so Woelki weiter. "Obwohl zweifellos belegt ist, dass echte Fortschritte möglich wären, werden die Ursachen und komplexen Einflussfaktoren von Hunger weiterhin nicht in angemessener Weise angegangen. Im Jahr 2015 verpflichteten sich die Länder der Welt auf das Ziel 'Zero Hunger bis 2030'. Doch wenn wir so weitermachen wie bisher, dann verfehlen wir nicht nur unsere Klimaziele, sondern ebenso dieses Leben rettende Ziel!"

"Politische Probleme sind zu lösen"

Das Wunder der Sättigung könne auch heute geschehen, sagte der Erzbischof. Es brauche nicht einmal eine wunderbare Brotvermehrung. In einer Welt des Überflusses würden nach wie vor die Menschenrechte von Millionen Bedürftigen verletzt, die jeden Abend hungrig blieben und "ihr Leben an Nahrungsmangel und die Ignoranz der Welt" verlieren.

Politische Probleme und Ursachen seien zu lösen und müssten endlich angegangen werden, forderte Woelki: "Zum Wunder der Sättigung gehört das Teilen. Dazu gehört die Schaffung von Gerechtigkeit und Teilhabe an Wohlstand und Bildung. Dazu gehören humanitäre Hilfe mit langfristigen Entwicklungsmaßnahmen. Dazu gehört die Existenzsicherung der Vertriebenen. Dazu gehört die Kräftigung der Widerstandskraft der betroffenen Menschen, indem wir ihre eigenen Kapazitäten zur Selbsthilfe stärken."

Hunger nach Sinn, Halt und Erfüllung

Neben dem Hunger nach Ernährung sei jedoch das Streben nach Sinn, Halt und Erfüllung genau so wichtig für die Menschen: "Sie hungern nach Glück, das nicht zerbricht. Sie hungern nach Leben, das nicht stirbt. Sie hungern nach Liebe, die nie enttäuscht und die nie enttäuscht wird. Sie hungern nach einer Liebe, die sogar noch über die Todesgrenze hinweg in ein neues Leben hinein trägt."

Dieser Hunger könnte nur gestillt werden, so Woelki, durch Christus als die Erfüllung der Sehnsucht. Christus sei die Erfüllung des Menschseins. Die Weggemeinschaft mit Christus sei Grund genug, um "Ja" zum Leben zu sagen, Grund genug, dem Leben zu trauen, so Woelki. Es sei Grund genug, "sich am Leben zu freuen und es mit anderen Menschen zu teilen". Woelki betont: "Schließen wir Christus deshalb aus keinem unserer Lebensbereiche aus! Denn allein in ihm wird unser Hunger und unsere Sehnsucht nach Glück und Leben seine tiefste Erfüllung und unser Menschsein seine höchste Vollendung finden."

Tradition seit sieben Jahrhunderten

Seit mehr als sieben Jahrhunderten wird der Fronleichnamstag in Köln mit besonderer Feierlichkeit begangen. Im 13. Jahrhundert zog die erste Sakramentsprozession durch Köln. Soviel man weiß, war es die erste Fronleichnamsprozession überhaupt. Zehn Jahre zuvor war das Fest des Herrenleibes, das seinen Ursprung in Lüttich hat, durch Papst Urban IV. in der ganzen Kirche eingeführt worden.

Trotz allen Wandels äußerer Formen hat sich die Feier des Fronleichnamstages in Köln mit der großen Prozession, die vom Dom ausgeht und dorthin zurückkehrt, in ununterbrochener Tradition erhalten. Viele erinnern sich noch an die kleine Prozession, die sich 1945 durch die Trümmer der im Krieg fast ganz zerstörten Innenstadt bewegte. Im Vertrauen darauf, dass Gottes Liebe alle Wechselfälle der Geschichte und menschlicher Not überdauert, bekundeten die Katholiken Kölns damals ihren Glauben und ihre Liebe zum Sakrament der Heiligen Eucharistie.

Der gleiche Glaube und die gleiche Liebe führen auch heute viele Katholiken – Deutsche und Mitbürger verschiedenster anderer Nationalitäten, die in Köln leben und arbeiten – zur Eucharistiefeier am Südportal des Domes und zur Prozession durch die Straßen der Innenstadt zusammen. Katholiken feiern die Eucharistie im Gehorsam zum Auftrag unseres Herrn, Brot und Wein zu verwandeln in sein Heiliges Fleisch und Blut. Sie vollziehen diesen Auftrag des Herrn als einen Lobpreis Gottes, und tragen den Leib Christi hinaus in die Öffentlichkeit der Welt, weil sie vor allen Menschen bekennen möchten: Wir glauben daran, dass Gott der Herr der Welt ist! Wir sehen dieses Leben als einen Weg mit Gott und zu Gott! Solcher Glaube und solches Bekennen wollen nach dem Fronleichnamstag im Alltag verwirklicht sein, wenn sie Zeugnis für die Botschaft Jesu Christi werden sollen. So wird die Fronleichnamsprozession zugleich zu einem Bittgang, in dem Kraft, Fantasie, Freude und Mut für ein gelebtes Glaubenszeugnis erbeten wird. 


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