Fronleichnam mit Gottesdiensten und Prozessionen

Hochfest des Leibes und Blutes Christi

Mit festlichen Prozessionen und Gottesdiensten unter freiem Himmel haben die Katholiken am Donnerstag das Fronleichnamsfest gefeiert. Erstmals seit drei Jahren konnten die Prozessionen wieder ohne Corona-Einschränkungen stattfinden.

 (DR)

Auch Jahrhunderte alte Traditionen wie die Seeprozession auf dem Staffelsee in Oberbayern oder die seit dem 14. Jahrhundert überlieferte "Mülheimer Gottestracht" auf dem Rhein in Köln waren wieder möglich. In vielen
Städten fanden Freiluftmessen auf zentralen Plätzen statt, darunter auf dem Marienplatz in München, dem Roncalli-Platz in Köln oder auf dem Römerberg in Frankfurt.

Für den Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki passt die fast 750-jährige Tradition der Fronleichnamsprozession auch in die heutige Zeit. Auch wenn der Glaube in einer zunehmend multikulturellen und säkularen Gesellschaft aus der Öffentlichkeit zurückgedrängt und zur Privatsache gemacht werde, lasse sich dieser nicht auf den Raum der Kirche eingrenzen, sagte der Erzbischof am Donnerstag beim Fronleichnamsgottesdienst vor über 2000 Gläubigen auf dem Roncalliplatz neben dem Kölner Dom.

Der christliche Glaube umfasse das öffentliche Leben, den Staat und die Gesellschaft. "Dazu bekennen wir uns heute in unserer Fronleichnamsprozession." Diese schloss sich an die Messfeier an und führte durch die Kölner Innenstadt.

"Wir gehen mit Jesus Christus durch die Straßen, vorbei an unseren Geschäften und Bürogebäuden, vorbei an unseren Wohnhäusern und den Orten unserer Freizeitgestaltung, vorbei an den Orten unseres politischen und gesellschaftlichen Zusammenlebens", sagte Woelki. "Wir tragen ihn hinein in alle Bereiche unseres Daseins, damit er sie segne und heilige."

In Köln sangen und musizierten der Kölner Domchor und der Mädchenchor am Kölner Dom unter der Leitung von Eberhard Metternich, Simon Schuttemeier, Oliver Sperling und Patricia Langenmantel sowie die Blechbläser der Kölner Dommusik. An der Orgel war Winfried Bönig.

Bischof Bätzing ruft Katholiken zu Engagement auf

Der Limburger katholische Bischof Georg Bätzing hat die Katholiken am Fronleichnamsfest zum Engagement für andere Menschen aufgerufen. Man könne Christus nur dann an Festtagen wie Fronleichnam und "in seidenen Stoffen" verehren, wenn man ihn auch in den Armen und Ausgestoßenen verehre, sagte Bätzing am Donnerstag in seiner Predigt zum Fronleichnamsgottesdienst in Frankfurt.

Bätzing, der auch Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz ist, verurteilte das Vorgehen Russlands, Hunger als politisches Druckmittel einzusetzen, um abhängige Staaten der südlichen Hemisphäre politisch gefügig zu machen. Die Zahl der Hungernden steige durch Kriege, Korruption und terroristische Bedrohung weltweit wieder an. Der Bischof weiter: "Afghanistan, Somalia und Mali gehören zu den Ländern, in denen heute nahezu 90 Prozent der Bevölkerung unter akutem Hunger leiden."

 (Bistum Limburg)

Der Limburger Bischof betonte mit Blick auf den Kreuzestod Jesu, Christsein bedeute auch, Opfer zu bringen. "Opfer, das ist eine Realität unseres Lebens", sagte er und verwies auf die "mutigen Ukrainern und Ukrainerinnen, denen die Freiheit ihres Landes offenbar mehr wert ist als ihr Leben, sodass sie sich den Angreifern entgegenstellen".

Bätzing unterstrich: Die Feier der Messe sei "eine Feier des Lebens, so wie es ist". Sie gehöre mitten in die Welt und auf die zentralen Plätze der Städte und Dörfer. "Denn die Wunden dieser Erde, die Siege und Niederlagen der Menschen, Freude, Angst und Zuversicht haben ihren Sinn - und sie werden durch die Liebe Christi verwandelt."

Kardinal Marx ruft zur Erinnerung an den Kern des christlichen Glaubens auf

Kardinal Reinhard Marx hat an Fronleichnam allen gedankt, die den christlichen Glauben in Zeiten, die von Krieg und Krisen geprägt sind, in die Öffentlichkeit tragen und ihn leben im Engagement "für den Frieden, für die Versöhnung, für die Flüchtlinge aus der Ukraine" sowie aus vielen anderen Teilen der Welt. "Wir reden nicht nur über die Kirche an einem solchen Tag, wir zelebrieren nicht uns selbst", sondern "wir erinnern die ganze Gesellschaft an den Kern des Christlichen Glaubens", sagte der Erzbischof von München und Freising in seiner Predigt zum Fronleichnamsfest auf dem Münchner Marienplatz. Die Feier der Eucharistie, die an Fronleichnam im Mittelpunkt steht, führe laut Marx in das Gottesbild Jesu hinein und ermögliche den Blick auf "einen Gott, der sich hineinbegibt in das Elend der Menschen, der in den Kellern von Mariupol anwesend ist".

Marx zeigte sich tief bewegt ob der Nachrichten aus dem Krieg in der Ukraine, der seit dem 24. Februar "von einem brutalen Aggressor entfesselt wurde". Besonders verstörend sei, dass in diesem Krieg "auf beiden Seiten getaufte Christen sind, wie es so oft in Europa der Fall war". Das erinnere schmerzlich daran, dass "Europa, der am christlichsten geprägte Kontinent der Welt", wohlmöglich die brutalsten Kriege in der Geschichte erlebt habe.

 © Robert Kiderle (KNA)
© Robert Kiderle ( KNA )

Ein "Abgrund der Gewalt und der Unterdrückung" sowie die "Zerbrechlichkeit des Lebens" seien in den vergangenen Jahren auch an vielen anderen Punkten deutlich geworden, "auch in der Kirche", so der Erzbischof. Er wies darauf hin, dass die "Macht des Bösen" immer wieder durchbreche, die sich darin zeige, "andere Menschen zu unterdrücken – sexuell oder finanziell oder geistlich". Marx betonte, "auch wir geben ihr manchmal Raum" und "schauen nicht hin, gehen nicht frühzeitig vor gegen Gewalttäter, auch in Politik und Gesellschaft". Das gelte etwa, "wenn antisemitische Äußerungen gemacht werden, wenn Aggressionssprache da ist" und Unrecht ignoriert werde in der Hoffnung, "Hauptsache ich werde nicht behelligt". Immer neu müsse bekräftigt werden: "Wir lassen Gewalt nicht zu. Wir werden nicht diesen Mächten des Bösen das letzte Wort überlassen." Der Erzbischof erinnerte daran, dass die vielen Kirchen in Bayern öffentliche Zeugen dieser christlichen Überzeugungen seien. Auch "die Kreuze gehören in den öffentlichen Raum, nicht nur als Erinnerung an eine Tradition", so Marx, sondern als Auftrag für Christinnen und Christen, Jesu Botschaft zu verkünden "und den Gott zu preisen und lebendig werden zu lassen, der sich auf uns einlässt".

Erzbischof Becker kritisiert Konsumgesellschaft

Der Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker warnt vor einer Lebenshaltung, die vor allem darauf ausgerichtet ist, das Bedürfnis nach Konsum zu befriedigen. Was Menschen an materiellen und ideellen Gütern hätten, mögen sie noch so erfüllend sein, reiche aber niemals aus, "um den Hunger in jedem von uns zu stillen", sagte Becker am Donnerstag im Open-Air-Festgottesdienst zu Fronleichnam vor dem Paderborner Dom. "Das gesamte Sinnangebot des menschlichen Denkens über Jahrhunderte und Jahrtausende hinweg reicht nicht aus, um auch nur eine zufriedenstellende Antwort auf das letzte Suchen und das tiefste Sehnen des Menschen zu geben."

Christinnen und Christinen stillten ihren leiblichen und seelischen Hunger im Glauben. In der Nähe Gottes könne im Auf und Ab der Alltagserfahrungen stets ein neues "Ja" zum Leben gesagt werden, betonte der Erzbischof.

Bischof Meier: Religion ist keine Privatsache

Der Augsburger Bischof Bertram Meier sagte in seiner Predigt, die Gesellschaft von heute brauche die Stimme der Kirchen, um den Menschen in ihren Ängsten um Krieg und Inflation beizustehen.

"Die Politik allein schafft es nicht, die Krisen zu lösen", so Meier im Augsburger Dom. Das sei der Mehrwert "unseres Produktes". Denn die Kirchen hätten das Evangelium, die Frohe Botschaft, die über diese Welt hinausweise.

Bischof Bertram Meier / © Dieter Mayr (KNA)
Bischof Bertram Meier / © Dieter Mayr ( KNA )

Der Bischof bat deshalb Christinnen und Christen sich zu zeigen: "Religion ist keine Privatsache, der Glaube gehört ins öffentliche Leben." Die Gläubigen sollten nicht abtauchen, sondern deutlich machen: "Hoppla, es gibt uns! Wir sind da, um bei den Menschen zu sein."

Die Fronleichnamsprozession sei "keine Macht-Demonstration", sondern ein Zeichen, "dass Gott mit uns geht", erinnerte Meier. Jeder und jede vertrete Christus auf seine und ihre ganz eigene Weise. Das Fest sei mehr als Folklore und schon gar keine Militärparade. Vielmehr handle es sich um eine "Glaubensdemonstration". Meier dankte allen, die sich an der Prozession beteiligten, für das starke Zeugnis.

Der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke erklärte in seiner Predigt, dass die Prozession "nicht als Manifestation und Selbstdarstellung der Kirche" diene. Dazu habe man aktuell, in einer Zeit, "wo viel Dunkelheit greifbar wird", keinen Grund. Vielmehr trage man die geweihte Hostie als Zeichen der Gegenwart Jesu "dorthin, wo unser Alltag sich ereignet".

Woher kommt Fronleichnam?

Das Wort Fronleichnam heißt so viel wie "Leib des Herrn" – zusammengesetzt aus mittelhochdeutsch vron "Herr" und lichnam "lebendiger Leib". Was wir am Gründonnerstag im Zeichen der Passion Christi feiern, das feiern wir am Fronleichnamstag, dem Hochfest des Leibes und Blutes Christi, in festlicher Freude: die Gegenwart des Herrn unter uns im Sakrament seines Leibes und Blutes.

Papst Urban IV. fügte das Fest 1264 in den kirchlichen Festkalender ein. Wenn auch der Ursprung des Fronleichnamsfestes im Mittelalter den Schwerpunkt von der Feier der Eucharistie auf die bleibende Gegenwart Christi im Sakrament verlagerte, so wird doch heute wieder bewusst, dass beides zusammengehört. Deshalb stehen die vielerorts üblichen Fronleichnamsprozessionen sinnvollerweise in Verbindung mit einer gemeinsamen Eucharistiefeier. Die Prozessionen nahmen in Deutschland ihren Anfang. 1277 fand in Köln die erste Fronleichnamsprozession statt. Das Zweite Vatikanische Konzil (1962–1965) sieht in den Prozessionen ein Zeichen für die Kirche als wanderndes Gottesvolk.