Fünf Jahre Synodaler Weg

Revolution oder Stillstand in der Kirche?

Vor genau fünf Jahren haben sich im Frankfurter Dominikanerkloster zum ersten Mal die Delegierten des Synodalen Weges getroffen. Mit großen Hoffnungen ging es los. Heute gibt es zu dem Projekt oft mehr Frust als Euphorie.

Teilnehmer beim Auftakt der Beratungen der Synodalversammlung am 31. Januar 2020 / © Harald Oppitz (KNA)
Teilnehmer beim Auftakt der Beratungen der Synodalversammlung am 31. Januar 2020 / © Harald Oppitz ( (Link ist extern)KNA )

Vom "Geist von Frankfurt" war viel die Rede, als Ende Januar 2020 zum ersten Mal zur Synodalversammlung gerufen wurde. Ein holpriger Weg war es, der hier seinen Ausgang nahm. Man kann aber nicht verhehlen, dass dieser Weg die Debatten in der deutschen Kirche seitdem maßgeblich verändert hat. 

Für viele war diese Versammlung nahe des Frankfurter Doms eine Revolution. Weniger im Inhalt als in der Anmutung. Bischöfe und Laien zogen zum Eröffnungsgottesdienst gemeinsam in den Bartholomäusdom. Im Tagungssaal zwei Straßen weiter wurde die Sitzordnung nach Alphabet geordnet und nicht nach Rang und Stellung. Und draußen am Kaffeestand mussten sich Bischöfe und Jugendvertreter gemeinsam in eine Schlange stellen. Der "Geist von Frankfurt" wurde von nun an viel beschworen. 

Es ging in die Verlängerung

In den kommenden Monaten und Jahren wurde dieser in Frankfurt eingeschlagene Weg allerdings immer steiniger, inhaltlich wie organisatorisch. Nur wenige Wochen nach der ersten von vier geplanten Vollversammlungen brach die Corona-Pandemie über die Welt herein. An eine Präsenzveranstaltung mit Hunderten von Teilnehmern und Beobachtern war auf absehbare Zeit nicht zu denken. Behelfsmäßig wurde in den kommenden Monaten mit digitalen sowie kleineren, regionalen Treffen mit Abstand und Sicherheitskonzepten ausgeholfen. Die Diskussionen konnten weiter gehen, Beschlüsse wurden aber bis auf weiteres verschoben. 

Vierte Synodalversammlung / © Max von Lachner (SW)

Das Dominikanerkloster wurde deshalb auch nur ein einziges Mal als Tagungsort gewählt. Als es Ende 2021 in die zweite offizielle Runde ging, wurde auf die viel größere Messe in Frankfurt ausgewichen, wo auch unter Pandemiebedingungen getagt werden konnte. An ein Einhalten des Zeitplans war aber nicht mehr zu denken, deshalb der ungewöhnliche Schritt: Der Synodale Weg wird verlängert, von vier auf fünf Vollversammlungen und von 2021 auf 2023. 

In dieser Zeit wurde der Synodale Weg für viele zum Symbolbild – positiv wie negativ. Selbst im Ausland diente der deutsche Reformprozess als Beispiel dafür, wie man die Kirche verändern kann bzw. eben nicht verändern kann. Während von liberaler Seite gelobt wurde, dass Bischöfe und Laien scheinbar gleichberechtigt Entscheidungen treffen, wurden nicht nur aus konservativen Ecken deutliche Bedenken geäußert. Papst Franziskus wird in dieser Zeit mit einer Warnung vor "Parlamentarismus" zitiert und soll hinter verschlossenen Türen scharfe Kritik an den deutschen Reformen geäußert haben.

Auch wenn "synodal" draufsteht, bezweifeln viele, dass der Prozess wirklich synodal abläuft, also gemeinsam sowie mit Respekt und Wertschätzung selbst für unangenehme Standpunkte. Für den Papst und andere wurden beim Synodalen Weg Extremziele formuliert und gegeneinander versucht politische Ziele durchzudrücken. Vom Heiligen Geist und einem gemeinsamen Weg (Synodos) bleibe nicht viel übrig.

Die Überzeugung der Organisatoren, der deutschen Bischöfe und des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, ist eine andere: Nur durch tiefgreifende Reformen sei es möglich, die Missstände in der Kirche zu beheben, die als systematische Ursachen für sexualisierte Gewalt identifiziert wurden. Dafür brauche es solch einen durchstrukturierten Prozess. 

Weltsynode und Synodaler Weg

Im Vatikan wurden in dieser Zeit ähnliche Probleme identifiziert, dort wurde aber ein anderer Weg der Reform gewählt. Die sogenannte Weltsynode, die im vergangenen Herbst zu Ende gegangen ist, wirkt auf den ersten Blick sehr ähnlich zum Synodalen Weg in Deutschland. Auch hier wurden hierarchische Traditionen vor der Tür gelassen und bei zwei vierwöchigen Sitzungen Laien und Bischöfe nicht nur sprichwörtlich an den Runden Tisch gesetzt. Teilnehmer sprechen auch hier von einem Geist, der die Diskussionen geprägt hat. Ein Geist des Respektes voreinander, der spirituellen Diskussion, den einige am Synodalen Weg vermisst haben.

Beratungen bei der Weltsynode (synod.va/Lagarica)

Interessant ist, dass bei allen Konflikten die Ergebnisse doch relativ nahe beieinander liegen. Der Synodale Weg hat beschlossen, vom Vatikan einen Segen für homosexuelle Paare einzufordern. Rom ist mit der Erklärung "Fiducia supplicans" Ende 2023 diesen Schritt gegangen, wenn auch mit Einschränkungen. Der Synodale Weg hat Frauen in Leitungsfunktionen gefordert, der Papst hat erst kürzlich eine Frau zur Präfektin des Ordensdikasteriums befördert und kurz danach eine weitere zur Regierungschefin der Vatikanstadt ernannt. 

Währenddessen sind in Deutschland die Vollversammlungen des Synodalen Weges zwar beendet, die Reformarbeit soll aber im kleineren Rahmen weiter gehen. Im Moment arbeitet ein "Synodaler Ausschuss" als Projekt, der einen dauerhaften "Synodalen Rat" etablieren soll. Über die Bezeichnungen wird im Moment noch mit dem Vatikan diskutiert. Nach anfänglicher harscher Kritik aus Rom befindet man sich inzwischen in einem Gesprächsprozess. 

Was bleibt?

Wirklich rund läuft das Projekt aber trotzdem nicht. Die Bischöfe Oster, Voderholzer, Hanke und Woelki haben von vornherein erklärt, nicht Teil des Projektes zu sein, das sie weder im Einklang mit Rom noch mit dem Kirchenrecht sehen. Das heißt, eine Repräsentanz der kompletten Bischofskonferenz ist von Anfang an nicht gegeben. Vor einigen Wochen machte das Projekt nochmals Schlagzeilen, als die beiden geistlichen Begleiter Peter Hundertmark aus Speyer und Schwester Igna Kramp aus Fulda ihre Ämter im Konflikt niederlegten. 

Fünfte Synodalversammlung in Frankfurt / © Maximilian von Lachner (SW)

Wenn der Prozess vor fünf Jahren also mit großem Einmut und der Motivation zum Wandel gestartet ist, bleibt zumindest vom Einmut heute nicht mehr viel übrig. Trotzdem hat der Synodale Weg Diskussionen angestoßen, die weit über Deutschland hinaus geführt wurden - und sicher auch bei den Reformüberlegungen im Vatikan eine Rolle gespielt haben.

Synodaler Ausschuss

Der Synodale Ausschuss ist ein Ergebnis des Reformprojekts Synodaler Weg zur Zukunft der katholischen Kirche in Deutschland. Er soll unter anderem die Einrichtung eines Synodalen Rates vorbereiten. In diesem neuen Gremium wollen Bischöfe und Laien ihre Beratungen über mögliche Reformen in der Kirche fortsetzen, die sie bei dem 2019 gestarteten Synodalen Weg begonnen haben.

Symbolbild Synodaler Weg / © Maximilian von Lachner (SW)
Quelle:
DR

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