In Wiesbaden tagt Freitag und Samstag der "Synodale Ausschuss", das Nachfolgegremium des "Synodalen Wegs", das einen "Synodalen Rat" vorbereiten soll. So oft das Wort Synodalität auch auftaucht, so sehr wird von Kritikern in Frage gestellt, ob diese Gremien wirklich synodal arbeiten. Genau das wünscht sich der Papst, besonders nach der Weltsynode, bei der in Rom ein neues Miteinander eingeübt wurde.
Meinungen sollen nicht mehr gegeneinander, sondern miteinander diskutiert werden, mit Wertschätzung, Respekt und Feingefühl. Um das umzusetzen, hat der "Synodale Ausschuss" zwei geistliche Begleitungen an seiner Seite. Eigentlich. Denn diese haben im Vorfeld der aktuellen Sitzung im Konflikt ihre Ämter niedergelegt. Der Pastoralreferent Peter Hundertmark und die Ordensfrau Igna Kramp werden nicht an der Sitzung in Wiesbaden teilnehmen. Nach Medienberichten soll es zu Unstimmigkeiten bei der Vorbereitung der Sitzung gekommen sein, von "überzogenen Eingriffen in engagierte Diskussionen und autoritativem Verhalten" ist laut Katholischer Nachrichten-Agentur die Rede.
Oder haben die beiden versucht, Besinnung und Spiritualität im Sinne der Weltsynode in das Gremium einzubringen? So wird die Geschichte von anderen erzählt. Wo auch immer die Wahrheit liegt: Wie bei so vielen Debatten in der Kirche liegt das Problem darin, dass auf unterschiedlichen Ebenen gedacht und diskutiert wird. Reformer wünschen sich dringende Veränderungen der katholischen Kirche und kämpfen dafür – auf politischer Ebene. Da kommen "Eingriffe" verständlicherweise nicht gut an. Wenn man aber einen spirituell geprägten Prozess möchte, ein Vorgehen, das an der Weltsynode in Rom von vielen Teilnehmern – liberal wie konservativ – gelobt wurde, dann gerät das Politische in den Hintergrund. Diese zwei Ebenen werden auch in Zukunft zu Konflikten und Reibungen führen.
Placet aus Rom unter Vorbehalt
Beide Seiten vertreten Ansätze, die berechtigt sind. Die Kirche braucht Reformen, auch um Missbrauch zu verhindern, was ja die Grundidee des Synodalen Wegs war. Solch ein Prozess innerhalb einer Glaubensgemeinschaft kann und darf aber nicht nur ein Parlament wie der Bundestag sein, mit Für und Wider. Die Kirche sollte anders funktionieren. Diese Ebene scheint ein wenig unterzugehen.
Die spannende Frage ist, ob und wie der Vatikan auf die hiesige Entwicklung reagieren wird. Eigentlich blickt Rom kritisch auf das deutsche Reformprojekt, da es nach römischer Auffassung gegen Kirchenrecht verstößt, wenn Bischöfe Macht aus der Hand geben und mit Laien teilen. In diesem Jahr waren die deutschen Bischöfe mehrmals im Vatikan und haben für Verständnis für ihr Vorgehen geworben. Das Placet aus Rom wurde bis jetzt nur unter Vorbehalt gegeben. Wenn nun die zwei geistlichen Begleitungen das Handtuch werfen, dürfte das in Rom sicherlich nicht gut ankommen.
Kommt das Stoppschild?
Kommt nun also doch das große rote Stoppschild aus dem Vatikan? Das scheint eher unwahrscheinlich, da trotz aller Konflikte der Vatikan mit Blick auf Deutschland zwar Vieles kritisiert, aber am Ende in der Regel dann doch nicht den Hammer fallen lässt. Die deutsche Kirche scheint doch noch zu wichtig, als dass man es sich komplett mit ihr verderben wollen würde.
Die Alternative erscheint allerdings auch nicht rosig. Der Synodale Weg, der 2019 mit überwältigendem Rückhalt von Laien und Bischöfen gestartet wurde, verliert immer mehr an Relevanz und Repräsentanz. Vier deutsche Bischöfe, die den Prozess kritisch sehen, haben sich bereits zurückgezogen, es dürften nicht die letzten sein. Heißt: Mehr und mehr sitzen im diesem Gremium Menschen, die hinter weitreichenden Reformwünschen stehen. Wenn dann Reformen, wie die Einrichtung ständiger Synodaler Räte auf Bistumsebene oder die Mitbestimmung bei der Bischofswahl durch das Gottesvolk, beschlossen würden, käme Kritik nicht nur aus dem Vatikan. Wenn sich auch intern immer mehr kritische Stimmen verabschieden, wird die demokratische Legitimierung des Synodalen Weges immer schwieriger. Der synodale Prozess in Deutschland droht damit zur Echokammer zu werden. Das "Synodal" im "Synodalen Weg" wird damit mehr und mehr schwierig zu rechtfertigen.
Renardo Schlegelmich
Chefredakteur DOMRADIO.DE