DOMRADIO.DE: Ich gehe davon aus, Sie sind inzwischen auch geimpft?
Detlef Silvers (Leiter "Alter und Pflege" bei der Caritas Köln): Ja, alle Mitarbeiter im Pflegedienst, aber auch die Mitarbeiter, die sich hier in den Einrichtungen bewegen, sind ja in der ersten Welle der Impfung positiverweise durch Impfungen erreicht worden.
DOMRADIO.DE: Angehörige von Bewohnern dürfen trotzdem nur nach komplizierten Regeln in die Einrichtung. Wieso ist das so?
Silvers: Ja, wir bewegen uns dort ja im Rahmen staatlich definierter Schutzmaßnahmen in Verbindungen zur Vermeidung der Ausbreitung des Coronavirus. Dafür gibt es zwei wesentliche Regelungen in Nordrhein-Westfalen, die das Besuchsgeschehen unserer Pflegeeinrichtung reglementieren: Das eine ist die Besuchs-, das andere die Testverordnung.
DOMRADIO.DE: Ärgert es Sie eigentlich, dass Baumärkte öffnen dürfen, aber Heime weiterhin nicht und es auch keine Diskussion darüber gibt?
Silvers: Wir bewegen uns zurzeit in einer breiten Diskussion um Öffnungen trotz der fortlaufenden Corona-Wellen und durchaus auch Stagnation in der Entspannung. Dass die Menschen nach über einem Jahr der Beschränkung müde sind, dass der Wunsch besteht, wieder zur Normalität zurückzukehren und vor allen Dingen auch die Menschen in den Alten- und Pflegeeinrichtungen als Angehöriger enger, häufiger und auch freier besuchen zu können, dafür habe ich natürlich volles Verständnis.
DOMRADIO.DE: Sie sind jetzt gerade selbst in einem Altenpflegeheimzentrum in Köln-Klettenberg. Wie reagieren die Bewohner dort? Wie reagieren die Angehörigen?
Silvers: Für die Bewohner ist das natürlich eine extreme Belastung. Das sind seit über einem Jahr durchgängig stärkere oder auch manchmal etwas gelockerte, aber doch deutliche Beschränkungen im Alltag: zum einen die Besuche der Angehörigen, zum anderen aber auch das Leben in der Einrichtung selbst, das nicht der gewohnten Normalität entspricht. Gemeinschaftsveranstaltungen sind beschränkt, können nur in kleineren Gruppen stattfinden, es gibt keine großen Sommerfeste, Gottesdienste können nur eingeschränkt gefeiert werden.
Es findet ein Maß an Aktivität und sozialen Kontakten statt. Niemand ist alleine. Die Menschen sind begleitet, kommen zusammen. Aber eben alles nicht im Rahmen des normalen Lebens. Das ist für einen Menschen, der hochbetagt ist, dessen Lebensspanne nach vorne hin, nun ja, auch begrenzt ist, schwer auszuhalten.
DOMRADIO.DE: Der Vorstandsvorsitzende des Pflegeschutzbundes argumentiert auch mit den Auswirkungen, die diese lange Isolation eben für die Menschen hat. Da ist dann die Rede von emotionaler Folter. Was erleben Sie ganz konkret?
Silvers: Den Begriff Folter finde ich an der Stelle unglücklich gewählt. Folter ist ja willkürliche Gewalt und da ist schon wichtig, deutlich zu machen, dass das, was die Einrichtung und die Leitung unserer Einrichtung hier regeln müssen, ja nicht Willkür, sondern das ist, was im Rahmen von Schutzverordnungen eben definiert ist.
Aber wie gestaltet sich zurzeit das Besuchen der Pflegeeinrichtungen? Zum einen ist es ja so, dass die Besucher alle 2 Tage hier einen Schnelltest machen lassen müssen. Nur wer einen negativen Schnelltest nachweisen kann, kann auch hier zu Besuch kommen. Die Besuchszeiten sind zumindest in unseren Einrichtungen der Caritas Köln doch recht weit gespannt. Die sind morgens von 10 bis 13 Uhr und am Nachmittag von 14 bis 18 Uhr möglich. Wir bieten jeden Tag Schnelltests vor Ort an.
Der Besuch ist trotz Schnelltest und negativem Ergebnis nur mit einer FFP2-Maske möglich. Sie können sich vorstellen, viele der Bewohner leiden auch unter Beschränkungen des Verstehens der Umwelt, Demenz, sodass es schwierig ist, diese Besuche mit FFP2-Maske durchzuführen. Man darf sich nur in den Zimmern aufenthalten oder draußen in den Außenbereichen, aber nicht in den Gemeinschaftsbereichen. Insofern sind es schon Besuche unter Beschränkungen, die nicht mit einem normalen Besuch zu vergleichen sind.
Das Interview führte Carsten Döpp.