"150 Jahre jüdische Geschichte in Solingen stehen für hoffnungsvollen Aufbruch, für tiefste Abgründe der Menschheitsgeschichte ebenso wie für einen zaghaften Neubeginn jüdischen Lebens nach der Schoa", sagte der Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Abraham Lehrer, in einem Festakt. "Sie stehen aber auch symbolisch für eine heutige, selbstbewusste jüdische Gemeinschaft in ganz Deutschland, die allen Stürmen zum Trotz wieder blüht und gedeiht."
Synagoge wurde 1938 geplündert und niedergebrannt
Die Solinger Synagoge war am 8. März 1872 eingeweiht worden. In der NS-Pogromnacht vom 9. November 1938 wurde sie geplündert und niedergebrannt. Anschließend ließ die Stadt die Ruine des neoromanischen Kuppelbaus auf Kosten der jüdischen Gemeinde abreißen und auf dem Grundstück einen Hochbunker errichten.
An diesem Bunker wurde bei der Festveranstaltung eine Fensterrose mit vier Metern Durchmesser aufgehängt. Das von dem Solinger Stahlkünstler Michael Bauer-Brandes entworfene Kunstwerk greift die Gestalt der Original-Fensterrose der Synagoge auf und zeigt sechs Davidsterne, die sich in Kreisen befinden.
Jüdisches Leben gehört "in die Mitte der Gesellschaft"
Das gemeinsame Gedenken von Jung und Alt, Juden und Nichtjuden in Solingen sei "ein Zeichen dafür, dass die aus dem nationalsozialistischen Menschheitsverbrechen resultierende Verantwortung aktiv übernommen wird", sagte Lehrer laut Redetext. Jüdisches Leben mit all seiner Lebenslust, Kreativität und Vielfalt finde "erfreulicherweise wieder hier in Deutschland mitten unter uns statt", es gehöre "in die Mitte der Gesellschaft: sichtbar, erlebbar, respektiert".
Besorgt äußerte sich Lehrer über wachsenden Antisemitismus in vielen europäischen Ländern, auch der Einfluss von Rechtspopulisten und Nationalisten nehme zu. "Die Namen Kassel, Halle und Hanau sind der traurige Beweis, dass die Bekämpfung von Antisemitismus, Rechtsextremismus und Rassismus auch künftig ganz oben auf der Agenda stehen muss", mahnte der Zentralrats-Vizepräsident.
Etwa 300 Solinger Mitglieder in jüdischer Gemeinde
Der Solinger Oberbürgermeister Tim Kurzbach (SPD) erinnerte daran, dass die Synagoge 60 Jahre lang lebendiger Mittelpunkt der Solinger Gemeinde gewesen sei, die in ihrer Blütezeit zu Beginn des 20. Jahrhunderts 324 Mitglieder gezählt habe.
Heute habe die Kultusgemeinde Wuppertal 2.150 Mitglieder aus dem Bergischen Land, darunter etwa 300 aus Solingen.