Die Vollverschleierung aus religiösen Gründen beim Autofahren bleibt verboten. Eine Muslimin aus Neuss, die beim Führen eines Kraftfahrzeugs ihr Gesicht bedecken möchte, hat keinen Anspruch auf eine Ausnahmegenehmigung, wie das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht in Münster am Freitag urteilte. Dennoch muss die Bezirksregierung Düsseldorf über den Antrag der Frau erneut entscheiden - weil sie die Ablehnung falsch begründet hat. Damit gab das Gericht der Berufung der Muslimin gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf teilweise statt. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.
Nur Sehschlitz bleibt frei
Die Frau hatte von der Bezirksregierung verlangt, ihr den Niqab am Steuer eines Autos zu erlauben und sich dabei auf die Religionsfreiheit berufen. Das Kopf-Schulter-Tuch lässt nur einen Sehschlitz für die Augen frei. Gegen die Ablehnung ihres Antrags hatte die Frau zunächst vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf geklagt, das ihren Wunsch ebenfalls ablehnte.
Laut dem Oberverwaltungsgericht ist die 2017 in Kraft getretene Regelung der Straßenverkehrsordnung, nach der Autofahrer ihr Gesicht nicht verhüllen dürfen, verfassungsgemäß. Das Verbot verfolge den Zweck, dass Autofahrer bei automatisierten Verkehrskontrollen erkennbar seien. Außerdem schütze es ihre Rundumsicht. Damit diene es dem Schutz des Lebens, der Gesundheit und des Eigentums anderer Verkehrsteilnehmer. Die Religionsfreiheit hat nach Auffassung des Gerichts keinen Vorrang vor diesen Rechtsgütern. Individuellen Belangen könne aber mit einer Ausnahmegenehmigung Rechnung getragen werden.
Rundumsicht beeinträchtigt?
Allerdings habe die Bezirksregierung bei der Ablehnung der Ausnahmegenehmigung die Religionsfreiheit nicht hinreichend mit den Argumenten für das Verbot abgewogen, so das Gericht weiter. "Zu Unrecht hat sie etwa darauf abgestellt, dass das Verhüllungs- und Verdeckungsverbot auch die nonverbale Kommunikation im Straßenverkehr sichert." Diese sei, soweit sie im Straßenverkehr überhaupt erforderlich sei, durch den Niqab nicht beeinträchtigt.
Auch die Annahme der Behörde, dass ein Niqab die Rundumsicht beeinträchtige, treffe nicht zu. Davon habe sich das Gericht in der mündlichen Verhandlung, an der die Klägerin persönlich teilgenommen habe, überzeugt.
Eine Revision gegen das Urteil hat das Oberverwaltungsgericht nicht zugelassen. Dagegen kann jedoch Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht eingelegt werden.