"Reiht euch ein - gemeinsam gegen Terror sein", lautete der Ruf der Demonstranten. Mit Transparenten und selbstgebastelten Pappschildern zogen sie am Samstag durch die Kölner Innenstadt.
Weniger Teilnehmer als erwartet
Den Rundweg vom Heumarkt über Neumarkt und Rudolfsplatz säumten zahlreiche Schaulustige. Rund 3.000 Teilnehmer waren dem Aufruf der Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor und des Friedensaktivisten Tarek Mohamad gefolgt und demonstrierten unter dem Motto "Nicht mit uns" gemeinsam gegen Terror. Weniger als erwartet, denn eigentlich hatten die Veranstalter mit 10.000 Teilnehmern gerechnet.
Kaddor zeigte sich trotzdem zufrieden. "Wenn wir damit einen Anstoß für weitere Initiativen und Demonstrationen geben konnten, ist mir egal, wie viele da waren." Sie hoffe, vor allem junge Muslime zum Mitmachen ermutigt zu haben.
Viele junge Leute
Unter den Demonstranten sind tatsächlich viele junge Leute zu finden. So hat sich eine Gruppe der Islamischen Gemeinde in Herne auf den Weg nach Köln gemacht. Die Teilnehmer sind zwischen 14 und 17 Jahre alt. "Es ist wichtig, dass vor allem die Jugend ein Zeichen setzt", findet eine Teilnehmerin. Ein Zeichen gegen religiösen Extremismus will auch der 29-jährige Elias setzen. "Ich will dem Islamhass, der momentan um sich greift, den Nährboden entziehen", sagt er. Er sei enttäuscht, dass nicht mehr diesem Aufruf gefolgt seien.
"Wir wollen niemanden in unseren Reihen wissen, der im Namen unseres Glaubens andere unschuldige Menschen tötet" sagte Kaddor zu den Demonstranten. "Insofern kann ich nicht verstehen, warum da nicht mehr Leute sind." Dass die Absage des größten islamischen Verbands in Deutschland, des deutsch-türkischen Moscheeverbands Ditib, für die geringere Ressonanz verantwortlich ist, wollte Kaddor nicht ausschließen. Es sei aber positiv, dass trotzdem ein breites Bündnis
zustande gekommen sei. "Andere islamische Vereine waren durchaus bereit hier mitzumachen", sagte sie.
Ditib blieb fern
Die Ditib hatte mit Verweis auf den Fastenmonat Ramadan die Initiative nicht unterstützt. Es sei den Muslimen, die von 3:47 Uhr bis 21:55 Uhr fasten, nicht zumutbar, "stundenlang in der prallen Mittagssonne bei 25°C zu marschieren und demonstrieren", so der Verband. Dies hatte eine breite Debatte ausgelöst.
Ditib-Generalsekretär Bekir Alboga verteidigte das Nein zur Demonstration in der "Bild"-Zeitung: "Ramadan ist für mich wie Weihnachten. Da gehen Sie doch auch nicht demonstrieren." In dieser Zeit stünden Spiritualität und Frömmigkeit im Vordergrund.
Noch unmittelbar vor der Demonstration kritisierten führende Politiker diese Entscheidung. "Teilnehmen wäre besser gewesen als abseits stehen", sagte Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU). Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) äußerte ebenfalls Kritik, warnte aber vor einem "Generalverdacht" gegen Muslime. "Die Grenzen verlaufen bei uns nicht zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen, nicht einmal zwischen Gläubigen und Nicht-Gläubigen. Wir ziehen unsere
Grenze zwischen extremistischen Mördern und den rechtstreuen Menschen unserer freiheitlichen demokratischen Gesellschaft", schrieb der Minister in einem Gastbeitrag für den "Kölner Stadt-Anzeiger".
Kölner Beispiel folgen
Auch Kaddor bedauerte die Absage der Ditib. "Ich glaube, es ist das falsche Signal gewesen, bei so einem Friedensmarsch nicht dabei gewesen zu sein", sagte sie. Gerade im Ramadan sei eine solche Demonstration wichtig, "weil Extremisten gerne den Ramadan für sich kapern und sagen, jetzt wollen wir unschuldige Menschen schlichtweg einfach töten". Es dürften nicht immer nur die Extremisten und Islamhasser über den Islam sprechen. "Wir müssen uns an diesem
Diskurs beteiligen", forderte die Islamwissenschaftlerin. "Wir arbeiten im Ramadan. Wir machen Sport im Ramadan. Also können wir auch auf die Straße gehen."
Kaddor hofft, dass jetzt mehr Menschen ihrem Beispiel folgen. In Berlin, Hamburg und Stuttgart seien von anderen muslimischen Vereinen oder Initiativen bereits Demonstrationen geplant. "Wenn es der Ausschlag gebende Punkt war, dass wir anfangen und andere Muslime den Mut haben, um auf die Straße zu gehen, dann haben wir alles richtig gemacht."