Geschichten rund um die Bedeutung der Taube

Von Kirchen, Tauben und Pfingsten

Gerne wird der Heilige Geist durch Tauben symbolisiert. Es ranken sich viele Geschichten um das Tier. Über die Beziehung von Kirchen, Tauben und Pfingsten hat domradio.de mit dem Kölner Stadtführer und Theologe Tom Hammes gesprochen.

Taube am Kölner Dom / © Melanie Trimborn (DR)
Taube am Kölner Dom / © Melanie Trimborn ( DR )

domradio.de: In Köln gibt es eine ganz besondere Kirchengeschichte mit Tauben. Welche ist das?

Tom Hammes (Kölner Stadtführer und Theologe): Ganz besonders ist die Geschichte mit dem Heiligen Kunibert, der im siebten Jahrhundert Bischof von Köln war. Er hat damals der Legende nach in St. Ursula eine Messe gefeiert. Während dieser Messe ist eine Taube gekommen und ist dann ins Seitenschiff geflogen, hat sich dort an einer Stelle niedergelassen, an der dann später eine Märtyrerin ausgegraben wurde. Später wurde auch gesagt, die Heilige Ursula selbst sei das gewesen. Das war für die Menschen natürlich ein sichtbares Zeichen, und Katholiken haben sowas ja immer ganz gerne. Später hat man in diesem Seitenschiff übrigens sogar alle elf Jungfrauen ausgegraben. Die Taube gilt dort seither als Botschafterin.

domradio.de: Seit wann ist die Taube denn christliches Symbol?

Hammes: Das hat sich ungefähr so im sechsten Jahrhundert entwickelt. Wir finden sie außerhalb von Pfingsten noch an anderen Stellen: Zum Beispiel ist die weiße Taube immer eine besondere Taube, die Reinheit signalisier. Die ist auch manchen Marienfiguren beigegeben, sozusagen als Untermalung der Reinheit Mariens.

domradio.de: Die Christen sind nicht die einzigen, die sich die Taube als Symbol, ausgesucht haben, oder?

Hammes: Die Taube wird über unsere christlichen Kulturgrenzen hinaus als Symbol verstanden. Auch in Asien, Amerika und anderen Kulturräumen ist die Taube stets Symbol des Friedens und der Hoffnung. Die weiße Taube steht darüber hinaus oft für Weiblichkeit und Reinheit.

domradio.de: Gibt es in anderen Ländern auch Kirchen-Tauben-Geschichten?

Hammes: Ja, zum Beispiel in Portugal, genauer gesagt hat sich in Fatima eine schöne Geschichte ereignet: Im Jahr 1946, also unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg, fand das 300-jährige Jubiläum der Weihe Portugals der Gottesmutter statt. Aus diesem Anlass hat ein päpstlicher Legat die Madonna von Fatima im Mai des Jahres 1946 gekrönt. Es gab dazu einen riesigen Umzug und die Portugiesen haben sich bei der Heiligen Jungfrau bedankt, dafür dass ihr Land nach der Vorhersage Mariens vom Krieg verschont geblieben war. Bei diesem Umzug ergab es sich, dass sich drei weiße Tauben auf das Tragegestell setzen, auf dem die Madonna von Fatima war. Die ließen sich auch von den Menschen überhaupt nicht beeindrucken und auch nicht verjagen: Sie sind immer wieder gekommen und immer wieder dort gelandet. Der Kardinal von Lissabon hat später in einer Weihnachtsbotschaft gut formuliert, was daran so schön und besonders ist: "Die Menschen der heutigen Zeit werden eines Tages über uns lachen, weil wir diese Geschichte nämlich für ein Wunder des Mittelalters halten, das gar nicht real ist und uns so darüber wundern, dass diese Tauben sich nicht haben vertreiben lassen." Das hat die Menschen tief beeindruckt und fasziniert.

domradio.de: Nun sind nicht alle Tauben-Geschichten so geistlich und positiv, denn es gibt immer wieder auch Klagen über die Tauben. Man wirft den Tieren vor, dass sie über ihren Kot Gebäude, zum Beispiel auch Kirchen, zerstören würden. Stimmt das?

Hammes: Die Beziehung zwischen Taube und Kirche ist nicht nur harmonisch. Gerade hier am Kölner Dom leben ja ganz viele Tauben; da stimmt einfach das Verhältnis nicht, es sind zu viele, von daher sind wir schon ein bisschen geschädigt. Es geht aber auch anders, schauen wir etwa ins Ruhrgebiet, wo es früher sehr viele Brieftauben gab und wo noch heute einige Brieftaubenzüchtervereine bestehen. Was die Kirchen angeht, kann man wohl sagen: Die Tauben sind dort nicht wegzudenken, weil sie so viel ergänzen. Im kirchlichen Kontext ersetzt die Taube immer den Geist Gottes und steht für das Gespür, das sonst im Bild so schwer darzustellen ist.

Das Interview führte Heike Sicconi.


Tom Hammes / © Caroline Will (DR)
Tom Hammes / © Caroline Will ( DR )
Quelle:
DR