Während die Grünen den Vorschlag am Freitag kategorisch ablehnten, betonte die SPD, dass eine solche Liste allenfalls eine Ergänzung zu einer Neuregelung des Werbeverbots für Abtreibungen sein könnte. Die Union betonte, dass eine solche Liste ein "vorstellbarer Kompromiss" sein könnte.
Über das in Paragraf 219a festgeschriebene Werbeverbot für Abtreibungen wird seit Monaten diskutiert. Die Regelung untersagt "das Anbieten, Ankündigen oder Anpreisen" von Abtreibungen aus finanziellem Vorteil heraus oder wenn dies in "grob anstößiger Weise" geschieht. Der Paragraf soll verhindern, dass ein Schwangerschaftsabbruch als normale ärztliche Leistung dargestellt und kommerzialisiert wird.
"Ein Recht auf umfassende Information"
Anlass für die derzeitig Debatte war die Verurteilung der Gießener Ärztin Kristina Hänel Ende 2017 wegen unerlaubter Werbung für Schwangerschaftsabbrüche auf ihrer Internetseite. Die große Koalition verständigte sich im März darauf, dass das SPD-geführte Justizministerium einen Vorschlag zur Neuregelung vorlegen soll.
Die Grünen-Abgeordnete Ulle Schauws forderte erneut eine Abschaffung des Werbeverbots und wandte sich gegen eine zentrale Liste von Abtreibungsärzten. "Frauen haben ein Recht auf umfassende Informationen, auch online und direkt bei der Ärztin oder dem Arzt ihres Vertrauens", sagte Schauws. Dies müsse im 21. Jahrhundert möglich sein.
"Vorstellbarer Kompromiss"
Der SPD-Abgeordnete Johannes Fechner sagte auf Anfrage, eine solche Liste könne allenfalls eine Ergänzung zu einer Neuregelung des Paragrafen sein. Es müsse "der strafrechtliche Druck von den Ärzten genommen werden".
Dagegen sprach die rechtspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion, Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU), auf Anfrage von einem "vorstellbaren Kompromiss". Allerdings müsse in einem einordnenden Text auf das Lebensrecht des Ungeborenen und die Beratung durch die anerkannten Beratungsstellen hingewiesen werden. Eine solche Regelung wäre ohne jede Änderung von Paragraf 219a möglich, so die Abgeordnete.
Uneinigkeit zwischen den Parteien
In der SPD sprechen sich Abgeordnete mehrheitlich für die Abschaffung des Paragrafen aus, einen entsprechenden Antrag brachte die Fraktion in den Bundestag ein. Um den Koalitionsfrieden nicht zu gefährden, hat sie ihn aber nicht zur Abstimmung gestellt. Das Werbeverbot ist auch Thema auf dem am Sonntag in Wiesbaden stattfindenden SPD-Parteitag. Die Union und die AfD sind gegen eine Streichung des Paragrafen.
Auch die Kirchen sind für die Beibehaltung des Paragrafen. Für die katholische Kirche ist er eine wichtige Säule des Anfang der 1990er-Jahre gefundenen Kompromisses über Abtreibung, zu dem auch die Beratungspflicht gehört. Mit einer Abschaffung bestünde die Gefahr, dass eine Abtreibung als eine normale Dienstleistung angesehen werde.