UN und Afrikanische Union kritisieren Regierung in Bamako

Gewalt gegen Opposition in Mali blockiert den Neuanfang

Die Unzufriedenheit in Mali nimmt kein Ende. Der internationale Druck auf die Regierung von Präsident Ibrahim Boubacar Keita wächst. Eine Entspannung der Situation ist nicht absehbar. Die Kirche hatte sich für den Dialog eingesetzt.

Autor/in:
Katrin Gänsler
Proteste in Mali / © Baba Ahmed/AP (dpa)
Proteste in Mali / © Baba Ahmed/AP ( dpa )

Mindestens vier Menschen sind nach offiziellen Zahlen der Behörden am Wochenende bei Anti-Regierungsprotesten in Mali getötet worden. Eine geschönte Zahl, meint die Opposition und spricht von mindestens zwölf Personen, die in der Hauptstadt Bamako ums Leben gekommen seien. Mehr als 120 Menschen wurden verletzt.

Zum dritten Mal innerhalb von fünf Wochen war es dem Oppositionsbündnis M5 - der Name erinnert an den 5. Juni, den Tag der ersten Großdemonstration - gelungen, tausende Menschen zu mobilisieren. Sie fordern den Rücktritt von Präsident Ibrahim Boubacar Keita (IBK) oder zumindest weitreichende Reformen.

Massiver Polizeieinsatz

Dass sich die Regierung zunehmend unter Druck gesetzt fühlt, zeigt der massive Polizeieinsatz. Lokale Medien sprechen von Schüssen und dem Einsatz von Tränengas gegen Demonstranten. Am Freitag und Samstag wurden zudem mehrere M5-Organisatoren verhaftet. Darunter waren der Präsident des Zusammenschlusses gegen Korruption und Arbeitslosigkeit (PCC), Clement Dembele, sowie Imam Oumarou Diarra, der vor Beginn des Protests das Freitagsgebet geleitet hatte. In der Nacht zu Dienstag wurden sie aus der Haft entlassen.

Ihre unverzügliche Freilassung hatten am Wochenende Europäische sowie Afrikanische Union, die Vereinten Nationen und die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) gefordert und kritisiert, wie sich die Regierung generell zu den Protesten verhält. Anstelle von Gewalt müsse eine friedliche Lösung gefunden werden.

Kirche macht sicht stark für einen Dialog

Die M5-Bewegung vereint Teile der Zivilgesellschaft und der politischen Opposition sowie Anhänger der "Koordinierungsstelle der Bewegungen, Vereine und Sympathisanten von Imam Mahmoud Dicko" (CMAS). Malis charismatischer und einflussreicher religiöser Meinungsführer bezeichnete allerdings schon in der vergangenen Woche den Dialog mit Präsident Keita als gescheitert. Dabei hatten sich kurz zuvor noch der Erzbischof von Bamako, Kardinal Jean Zerbo, sowie weitere Religionsvertreter für einen Dialog stark gemacht.

Keitas Amtszeit dauert offiziell noch bis 2023. Sein Rücktritt oder Sturz könnte das Land mit rund 19,5 Millionen Einwohnern in eine weitere schwere Krise stürzen.

Keita hatte sich in der Nacht zu Sonntag bereits zum zweiten Mal in einer Ansprache an die Nation zur Krise geäußert und angekündigt, das Verfassungsgericht aufzulösen. Damit kommt er zumindest einer Forderung der Demonstranten nach. Das Gericht hatte Ende April in letzter Instanz die Ergebnisse der umstrittenen Parlamentswahl bekannt gegeben. Dabei erhielt IBKs Zusammenschluss für Mali (RPM) 51 Sitze und somit acht mehr als bei den vorläufigen Ergebnissen. In mehreren Städten gingen die Menschen auf die Straßen. Eine ECOWAS-Mission hatte bereits im Juni Neuwahlen in den umstrittenen Wahlkreisen empfohlen.

Schwierige Lage in Mali

Der Opposition reicht das laut einem BBC-Bericht jedoch nicht aus, da weder die Regierungs- noch die Sicherheitskrise gelöst würden. Mali habe sich von Tuareg-Aufstand, Staatsstreich und Besetzung des Nordens durch islamistische Gruppen im Frühjahr 2012 nie erholt. Nachdem die Terroristen im Rahmen der Mission "Serval" des französischen Militärs Anfang 2013 zurückgedrängt waren, fanden Ende Juli Wahlen statt, die Keita in der Stichwahl gegen Soumaila Cisse gewann. Beide Männer sind seit Jahrzehnten in der malischen Politik aktiv und standen nicht für einen Neuanfang.

Doch auch die Hoffnungen, dass sich das Land zumindest stabilisiert, erfüllten sich nicht. Daran haben auch die internationalen Militärmissionen, an denen sich auch die Bundeswehr beteiligt, nichts geändert, im Gegenteil. Zu Terroranschlägen haben lokale Konflikte zwischen ethnischen Gruppen, die eigene bewaffnete Milizen gebildet haben, zugenommen.

Kritisiert wird außerdem die Gewalt durch das Militär. Laut der Multinationalen Stabilisierungsmission der Vereinten Nationen für Mali (MINUSMA) waren die malischen Streitkräfte in den ersten drei Monaten für 165 Fälle von Menschenrechtsverletzungen verantwortlich und sollen unter anderem 101 Personen ohne Verfahren hingerichtet haben. Damit verlieren Sicherheitskräfte wie Politiker weiter an Vertrauen und Glaubwürdigkeit.


Quelle:
KNA