Gibt Edmund Stoiber dem Druck nach?

Landtagsabgeordnete fordern "geordneten Rückzug"

Im oberbayerischen Wildbad Kreuth ringt der CSU-Chef und bayerische Ministerpräsident Stoiber um seine Macht - und es wird ein langer Abend werden. Gegen 20 Uhr war gut die Hälfte der Wortmeldungen aus der 124 Köpfe starken Fraktion abgearbeitet; das Ende der Aussprache wurde auf 2 Uhr morgen früh angesetzt. Bayerns Wirtschaftsminister Huber sagte am Rande der Tagung, seiner Ansicht nach solle erst auf dem Parteitag im September entschieden werden, mit welchem Spitzenkandidaten die Partei in die Landtagswahl 2008 gehe. Manche Stoiber-Kritiker fordern eine Entscheidung noch diese Woche in Kreuth. Huber selbst gilt als möglicher Nachfolger Stoibers im Amt des Ministerpräsidenten.
Der Druck wächst auch außerhalb der Partei: Zwei Drittel der bayrischen Wähler sind inzwischen gegen eine erneute Kandidatur Stoibers und aus der Opposition werden Forderungen nach Neuwahlen laut.

 (DR)

Am Dienstag kam die CSU-Fraktion im oberbayerischen Wildbad Kreuth zusammen, um über Stoibers politische Zukunft zu beraten. Mehrere Abgeordnete sprachen sich bei ihrem Eintreffen am Tagungsort gegen seine erneute Kandidatur aus. Es gab aber auch Unterstützung für den CSU-Chef. Bayerns Finanzminister Kurt Faltlhauser (CSU) sagte: "Ich hoffe, dass der heutige Tag wieder mehr das Gleichgewicht herstellt zwischen Leistung, Erfolg und Emotionen".

Abgeordnete erwarten Erneuerung
CSU-Fraktionschef Joachim Herrmann betonte am Dienstag, viele Abgeordnete erwarteten von Stoiber, "dass er zum richtigen Zeitpunkt den Weg für eine Erneuerung frei macht". Die Äußerung des Ministerpräsidenten, er müsse nicht bei der Landtagswahl 2008 kandidieren, habe "hierfür die Tür einen Spalt breit geöffnet".

Auch der CSU-Landtagsabgeordnete Hermann Imhof begrüßte die Ankündigung seines Parteivorsitzenden Edmund Stoibers, nicht unbedingt erneut für den Posten des bayerischen Ministerpräsidenten kandidieren zu müssen. Er verstehe die Aussage als erfreuliches Angebot, sagte Imhof am Dienstag im ZDF-"Morgenmagazin". Dies eröffne die Chance, mit Stoiber möglicherweise auch über dessen "geordneten Rückzug" sprechen zu können. Stoiber müsse "in Würde gehen" können. Er habe als Ministerpräsident "übergroße Leistungen" für Bayern erbracht. Die Kritik müsse daher konstruktiv, ehrlich und offen vorgetragen werden.

Stoiber "nicht mehr zu halten"
Der CSU-Landtagsabgeordnete Sebastian Freiherr von Rotenhan rief die Parteiführung auf, in Kreuth endlich ihren "kollektiven heuchlerischen Eiertanz" zu beenden. "Wir wissen alle ganz genau, dass Edmund Stoiber nicht mehr zu halten ist", betonte er und forderte den umgehenden Rücktritt des CSU-Chefs. Nur so bleibe genug Zeit, um einen Nachfolger aufzubauen und verloren gegangenes Vertrauen zurück zu gewinnen.

Rückhalt bei Wählern verloren
Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber verliert zunehmend den Rückhalt der CSU-Anhänger. Nur noch 32 Prozent sind laut einer am Montag veröffentlichten Forsa-Umfrage für das Magazin "Stern" dafür, dass Stoiber noch einmal als Spitzenkandidat antritt. Vor zwei Wochen hatte Stoiber noch die Unterstützung von 52 Prozent der CSU-Wähler.

Auch seine Partei leidet durch die Krise immer mehr unter Ansehensverlust. Wäre jetzt Landtagswahl, würde die CSU laut Umfrage nur noch auf 49 Prozent kommen und damit ihre absolute Mehrheit verlieren. Vor zwei Wochen hatte die CSU noch 54 Prozent erreicht.

Stoiber traf seine Kritiker
Am Montag hatte Stoiber noch versucht in Krisengesprächen mit seinen Kritikern die Wogen zu glätten. Die Gespräche mit Landtagspräsident Alois Glück und CSU-Fraktionschef Joachim Herrmann seien konstruktiv gewesen bestätigten die Teilnehmer am Montag. Und so trat denn auch Stoiber bei seiner Ankunft in Wildbad Kreuth noch sehr kämpferisch auf: "Ich kämpfe für meine Ziele, für den Erfolg Bayerns, für den Erfolg der CSU", hatte Stoiber vor der Sitzung des erweiterten Fraktionsvorstands in Wildbad Kreuth gesagt.

Über die Kandidatur wird im September entschieden
Bayerns Wirtschaftsminister Erwin Huber (CSU) hat am Sonntag noch ausgeschlossen, dass Anfang dieser Woche eine Entscheidung im Streit um die erneute Kandidatur von Ministerpräsident Stoiber bei den Landtagswahlen 2008 fallen wird. "Mit Sicherheit nicht", sagte Huber am Sonntagabend in der ARD-Sendung "Sabine Christiansen". Über die Spitzenkandidatur entscheide ein Parteitag im September, auf dem Stoiber antreten werde.

Pauli fühlt sich bestätigt
Die Fürther Landrätin Gabriele Pauli (CSU) fühlt sich in ihrer Kritik an Stoiber "voll bestätigt" und fordert ihn erneut zum raschen Verzicht auf seine Ämter auf. Der "Süddeutschen Zeitung" sagte Pauli: "Stoibers Zeit als Parteivorsitzender und Ministerpräsident ist vorbei, eine Mehrheit in der CSU und in der Partei sieht das so, wir müssen dringend darauf reagieren."