Ein Papst aus einfachen Verhältnissen war er - und trotzdem jemand, der die Geschichte der Kirche maßgeblich prägte: Papst Johannes XXIII. wurde am 25. November 1881 geboren.
"Damals trug mich mein Vater auf den Schultern. Heute Morgen haben mich die Gläubigen auf den Schultern in die Vatikanische Basilika getragen. 70 Jahre liegen dazwischen. Es waren 70 Jahre guten Willens, göttlicher Gnade, des Gottesdienstes und des christlichen Lebens."
Worte von Angelo Giuseppe Roncalli, dem Mann, der zu Papst Johannes XXIII. geworden ist. Mit 77 Jahren tritt er 1958 die Nachfolge von Papst Pius XII. an. Dass er den Namen Johannes wählt, hat eine historische Bedeutung. Seit mehr als 500 Jahren hat kein Papst mehr so geheißen. Auch mit der Nummerierung setzte ein Zeichen. Im Jahr 1415 hat schon ein Papst Johannes XXIII. geheißen. Er wurde damals im Zuge des Konzils von Konstanz abgesetzt, um die Kirchenspaltung aufzulösen. Mit der Namenswahl verhilft Roncalli, die klassische Zählweise wieder in Gang zu setzen und den Namen auch für zukünftige Päpste zu etablieren. Er unterscheidet sich grundlegend von seinem Namensvetter.
Seine ersten Worte as Pontifex machen das klar: "Das Geheimnis all dessen liegt darin, sich vom Herrn tragen zu lassen und den Herrn in sich zu tragen. Es ist zum ersten Mal, dass ich als Papst zu euch spreche, aber nicht anders als mit einfachem Geist. Denn in der Einfachheit ist die Natürlichkeit und im Natürlichen das Göttliche, und ihr werdet verstehen, warum ich mich Johannes genannt habe. Die Aufgabe ist schwer, die Verantwortung groß. Der Sohn eines bescheidenen Landarbeiters muss das schwere Joch des Pontifikats tragen. Aber er tut es mit dem alten Glauben, den alten Prinzipien, die das Fundament des christlichen Lebens bilden."
Der Bauernjunge aus Bergamo
Angelo Roncalli stammt aus den einfachen Verhältnissen einer italienischen Bauernfamilie aus der Provinz Bergamo. Im Jahr 1904 schließt er seine Priesterausbildung ab und arbeitet als Sekretär des Bischofs, wird Feldgeistlicher im Ersten Weltkrieg und schließlich selbst zum Bischof geweiht. Anschließend verbringt er 20 Jahre in der Türkei und in Griechenland als Apostolischer Delegat, später ist er Nuntius in Frankreich. Die Medien interpretieren die Wahl eines so ungewöhnlichen und einfachen Menschen als Übergangslösung. Trotzdem bleibt er stets als "Papa bouno", als der gute Papst in Erinnerung. "Ich bin diesen Menschen ein schlichter Bruder, der nach dem Wunsch unseres Herrn Jesus Christus ein Vater wurde."
Über Johannes XXIII. sind viele Anekdoten überliefert. Welche von ihnen stimmen, weiß man nicht. Einmal soll sich ein junger Bischof mit seiner Verantwortung und Würde überfordert, an ihn gewandt und gefragt haben, wie er als Papst nachts schlafen könne. Darauf soll Johannes geantwortet haben: "Mein Sohn, als ich zum Papst gewählt wurde, bin ich erschrocken vor der Würde dieses Amtes, und ich konnte eine Zeit lang überhaupt nicht mehr schlafen. Einmal bin ich doch kurz eingenickt, da erschien mir ein Engel im Traum und ich erzählte ihm meine Not. Daraufhin sagte der Engel: Giovanni, nimm dich nicht so wichtig. Seitdem kann ich wunderbar schlafen."
Johannes XXIII. schreibt Kirchengeschichte
Am ersten Weihnachtstag nach seiner Wahl besucht er die Kinder in Roms Kinderkrankenhaus. Später tröstet er die Häftlinge im Staatsgefängnis. Er ist ein nahbarer Papst, der auch politisch mitgestaltet. So richtet er in der heißen Phase der Kuba-Krise einen Friedens-Appell an die Atommächte - und er nimmt Kontakt zur Sowjetunion auf. Ein Schritt, der bei seinen antikommunistischen Vorgängern undenkbar gewesen wäre. Schon während seiner Krönungsmesse im November 1958 hatte er verkündet: "Wir möchten ganz ausdrücklich betonen, dass uns das Amt des Hirten über die ganze Herde besonders am Herzen liegt. Der Hirt geht vor den Schafen her, und sie folgen ihm alle. Doch er ist berufen, noch weiter zu blicken. Ich habe noch andere Schafe, die nicht aus diesem Schafstall sind, und ich werde sie herbeiführen. Sie werden meine Stimme hören, und es wird ein Schafstall und ein Hirt sein."
Er beruft das Zweite Vatikanische Konzil ein, unter dem Motto "Aggiornamento" - übersetzt bedeutet das Modernisierung - und bezeichnet Johannes' Pläne für die Zukunft der Kirche. Sie soll Antworten auf die Fragen der heutigen Zeit suchen. Später halten die Volkssprachen neben dem Lateinischen Einzug in die Gottesdienste, und das Verhältnis zu den anderen Religionen wird definiert. Den Abschluss des Konzils erlebte er aber nicht mehr. Doch in seiner kurzen Amtszeit ist er für das in Erinnerung geblieben, was er auch schon bei seiner Krönung über sich selbst von sich vermittelt hat, seine Natürlichkeit und Einfachheit. Verstorben ist er 1963, noch vor Ende des Konzils. Im Jahr 2014 ist der "gute Papst" gemeinsam mit Johannes Paul II. von Papst Franziskus heilig gesprochen worden.