Christen gedenken am Karfreitag des Leidens Jesu

Gottesdienste und Prozessionen verboten

Es waren die wohl ungewöhnlichsten Feiern des Karfreitags seit Menschengedenken. Weltweit waren öffentliche Gottesdienste und Prozessionen wegen der Corona-Pandemie untersagt. Mancherorts zeigte man sich einfallsreich.

Autor/in:
Alexander Brüggemann und Burkhard Jürgens
Kreuzweg in Jerusalem / © Andrea Krogmann (KNA)
Kreuzweg in Jerusalem / © Andrea Krogmann ( KNA )

Millionen Christen weltweit haben am Karfreitag des Leidens und Sterbens Jesu Christi gedacht. Wegen der Ausgangssperren und Schutzmaßnahmen gegen die Ausbreitung der Corona-Pandemie waren öffentliche Gottesdienste und Prozessionen untersagt. In vielen Ländern wurden religiöse Feiern im Internet oder im Fernsehen übertragen.

Papst Franziskus feiert am frühen Abend im leeren römischen Petersdom einen Gottesdienst. Die Liturgie sieht vor, dass er auf dem Boden ausgestreckt vor dem Kreuz im Gebet verharrt. In die Reihe der zehn großen Karfreitagsfürbitten wurde aus Anlass der Krise eine elfte eingefügt. Darin wird um Trost und Kraft für die Erkrankten und medizinisches Personal sowie um Frieden für die Verstorbenen gebetet.

Später am Abend erinnert Franziskus mit einer Meditation über den Kreuzweg Jesu an Leiden der heutigen Zeit. Die Texte zu den 14 Stationen stammen von Strafgefangenen und Mitarbeitern einer Haftanstalt in Padua, die eindringlich ihre Erfahrungen von Schuld und Sühne schildern. Die Feier, die sonst mit Tausenden Menschen am römischen Kolosseum stattfand, ist in diesem Jahr vor den Petersdom verlegt. Gläubige können Zeremonie nur über Medien mitverfolgen.

Kreuzwegprozession in Jerusalem

Abgeriegelt durch israelische Sicherheitskräfte fand in Jerusalem die traditionelle Kreuzwegprozession in der Jerusalemer Altstadt statt.

Statt sonst mehrere tausend Pilger zogen nur vier Franziskaner entlang der "Via Dolorosa" jenen Weg, den der Überlieferung nach vor rund 2.000 Jahren Jesus zur Kreuzigung ging. Auch in der Grabeskirche selbst, wo normalerweise verschiedenste Konfessionen seit den frühen Morgenstunden des Sterbens Jesu gedenken, herrschte Leere.

Die Teilnahme weiterer Prozessionsteilnehmer war von den Behörden verboten worden. Die Polizei drohte mit Strafen von umgerechnet 1.250 Euro für jeden, der sich der Prozession zu nähern oder anzuschließen versuche.

Karfreitag in Notre-Dame

Fast ein Jahr nach dem Großbrand in der Pariser Kathedrale Notre-Dame verehrte dort Erzbischof Michel Aupetit am Karfreitag die Reliquie der Dornenkrone Christi. Am 15. April 2019 hatte ein Großbrand Teile der weltbekannten Kathedrale zerstört. Die Reliquie, im Mittelalter Ziel unzähliger Pilger, konnte gerettet werden.

"Wir sind in dieser halb eingestürzten Kathedrale, um zu erklären, dass das Leben immer noch da ist", sagte Aupetit. "In dieser Heiligen Woche wird die ganze Welt von einer Pandemie heimgesucht, die den Tod verbreitet und uns lähmt." Man werde zu Ostern "das Leben stärker feiern als den Tod", so der Pariser Erzbischof. Als Teil der Meditation verlasen bekannte Schauspieler Texte etwa von Paul Claudel und Mutter Teresa.

In Deutschland Aufruf zu Vertrauen

In Deutschland riefen Bischöfe inmitten der Corona-Pandemie zu Hoffnung und Vertrauen auf - trotz aller Sorgen und Fragen vieler Menschen. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Limburger Bischof Georg Bätzing, blickte auf das Kreuz im Christentum. Es sei für Christen das "Glaubenssymbol schlechthin."

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, warb um Gottvertrauen. Wenn Menschen wegen des Virus nachts vor Sorge nicht schlafen könnten, dann könnten sie "all das in Gottes Hand legen, weil Gott mit uns fühlt, mit uns leidet, mit uns weint", so der bayerische Landesbischof. Auch in leeren Kirchenräumen sei ein Ort für den mitleidenden Gott.

Auf den katholisch geprägten Philippinen ließen sich viele Gläubige trotz Ausgangssperren und geschlossenen Kirchen nicht von ihren traditionellen Gebräuchen abhalten. Obwohl die Kirchen die Karfreitagsmessen live im Internet sowie in Radio und Fernsehen übertrugen, kamen Tausende zum Beten vor die geschlossenen Kirchen.

Die zu Karfreitag sonst an einigen Orten populären Live-Kreuzigungen, die von der Kirchenleitung ohnehin abgelehnt werden, waren in diesem Jahr abgesagt worden.

Ausgangssperre in Spanien

Auch in Spanien ist die Karwoche 2020 durch Corona-Pandemie und Ausgangssperre geprägt. Die prächtigen traditionellen Prozessionen der Karwoche fielen aus, die sonst Hunderttausende Menschen anziehen.

Mancherorts zeigten sich die Gläubigen aktiv und fantasiereich. So fuhren kleine Heiligenbilder auf ferngesteuerten Spielzeugautos durch die Straßen. Ein Gassigänger in österlicher Festtracht blieb von der Polizei unbehelligt, da er allein unterwegs war.


Quelle:
KNA