Er liebt vor allem eins: Fakten, Fakten, Fakten. Reiner Haseloff ist eher ein spröder, nüchterner Typ. Für den promovierten Physiker spricht, dass er sich nicht verstellt und dass er seinen Job als Sachsen-Anhalts Ministerpräsident zum zweiten Mal in Folge so schlecht nicht gemacht hat.
Trotz schwieriger Bedingungen, trotz Corona-Krise und Kenia-Koalition kann er in seiner zehnjährigen Amtszeit gesunkene Arbeitslosigkeit und wirtschaftlichen Aufschwung vorweisen. Das dankten ihm die Wähler am Sonntag mit einer überraschend eindeutigen Wahl. 37,1 Prozent entschieden sich nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis für die CDU und damit für ihn.
Bleibt es bei einer Kenia-Koalition?
Damit erzielte der 67-jährige Politiker ein deutlich besseres Ergebnis für seine Partei als bei der vorigen Wahl 2016, wo er 29,8 Prozent der Stimmen erhielt. Haseloff hat dadurch mehr Möglichkeiten der Regierungsbildung als vor fünf Jahren.
Er könnte die Kenia-Koalition fortführen, aber auch ein Bündnis mit SPD und FDP oder auch eines gemeinsam mit Grünen und FDP wäre möglich. Eine Koalition mit der AfD oder den Linken schloss der konservativ-bürgerliche Politiker klar aus. "Hasi" nennt ihn das politische Magdeburg zwar nachsichtig-spöttelnd.
Der Kosename steht jedoch in deutlichem Gegensatz zu seiner Prinzipentreue, für die er auch berüchtigt ist. Entsprechend sein Motto, auf seiner Homepage einsehbar: "Streng in der Sache, milde in der Form, treu sich selbst." Treue zu sich selbst belegt auch sein Lebenslauf, der vor allem zwei Konstanten aufweist: die CDU, in die er 1976 bereits zu DDR-Zeiten eintrat, und sein katholischer Glaube.
Aufstieg an die Parteispitze
Nach der Wende stieg Haseloff an die Parteispitze auf. So gehört er seit 1990 dem CDU-Landesvorstand an, von 2004 bis 2012 war er stellvertretender Landesvorsitzender. 2002 holte ihn sein Vorgänger Wolfgang Böhmer in die Landesregierung, als Staatssekretär im Wirtschaftsministerium - dessen Leitung er 2006 als Minister übernahm. Erfahrungen brachte er als langjähriger Direktor des Arbeitsamtes Wittenberg mit. Im CDU-Bundesvorstand sitzt er seit 15 Jahren.
Im April 2011 wurde der geborene Sachsen-Anhalter erstmals zum Ministerpräsidenten gewählt. Damit war er der erste ostdeutsche Katholik an der Spitze des Bundeslandes. Der Glaube spielt für ihn eine große Rolle: Seine Frau sucht ihm täglich ein Bibelzitat zum Start in den Tag heraus, der Besuch der Messe ist für ihn so selbstverständlich wie "alle drei Sekunden zu atmen", so schildert er es selbst.
Dies war auch schon zu DDR-Zeiten so, während denen er nach eigener Aussage - wenn nötig auch heimlich - den Gottesdienst besuchte. In Sachsen-Anhalt gehört Haseloff mit seiner Konfession indes einer Minderheit an. Nur etwa 3,5 Prozent der Bevölkerung sind katholisch.
Gutes Verhältnis zu den Kirchen
Sein Verhältnis zu den Kirchen ist grundsätzlich gut: So förderte Haseloff etwa das Reformationsgedenken 2017 als Landeschef finanziell und ideell nach Kräften. Gerne verweist er bei Veranstaltungen auch darauf, dass Sachsen-Anhalt die höchste Klöster- und Kirchendichte bundesweit aufweist. Er will die vergessenen religiösen Wurzeln der Region wieder in Erinnerung rufen - nicht nur die christlichen. Auch die jüngsten Synagogen-Neubauten in Dessau und Magdeburg unterstützt seine Landesregierung.
Seinem christlichen Glauben widerspricht nicht, dass Haseloff die Kirchen mitunter auch kritisiert: Sie müssten sich mehr auf das besinnen, wofür sie einmal ins Leben gerufen worden seien, findet er: die Verkündigung des ewigen Lebens. Hier habe die Kirche ein Alleinstellungsmerkmal, während etwa im karitativen Bereich auch genügend andere Organisationen engagiert seien.
Bei aller Verbundenheit im Glauben sind auch die Kirchen nicht immer mit dem Ministerpräsidenten einverstanden. Seine Forderung nach Obergrenzen für Flüchtlinge etwa, mit der er sich in der Flüchtlingskrise 2015 von der Politik der Kanzlerin distanzierte, kam bei den Kirchen nicht so gut an. Die Wahlentscheidung von Sonntag begrüßte der Magdeburger Bischof Gerhard Feige indes uneingeschränkt als ein "ausdrucksstarkes und hoffnungsvolles Signal für die Mündigkeit und das Verantwortungsbewusstsein der Bevölkerung in Sachsen-Anhalt."