Seit Anfang Januar läuft die Handyaktion-nrw.de, die von Partnern aus Kirche, Nichtregierungsorganisationen und Eine-Welt-Arbeit zur Sammlung von alten Handys aufruft.
Mit dabei ist auch die Evangelische Kirche in Westfalen, zuständig ist dort die Bildungsreferentin Johanna Schäfer.
domradio.de: Allein in Deutschland werden jedes Jahr mehr als 35 Millionen neue Handys gekauft. Die Nutzungsdauer ist kurz: Nur rund 18 Monate werden die Geräte genutzt und dann durch ein neues ersetzt. Allein Handys verursachen so jährlich mindestens 5.000 Tonnen Elektronikschrott. Ich gehe davon aus, dass die meisten Leute in Deutschland ihren alten Handymüll fachgerecht beim Elektroschrott auf der Kippe entsorgen. Warum diese Sammelaktion?
Johanna Schäfer (Bildungsreferentin von Handyaktion-nrw.de): Davon würde man ausgehen. Aber es ist leider nicht so. Es ist tatsächlich immer noch so, dass ein großer Teil der gebrauchten Handys entweder im Hausmüll landet oder gar nicht in den Müll geschmissen wird, sondern einfach in der Schublade bleibt. Viele, die von der Handyaktion hören, sagen dann: Ach ja, ich hab ja auch noch ein paar alte Handys in der Schublade liegen und weiß nicht so genau, wohin damit. Es ist lange noch nicht so, dass alle Handys recycelt werden. Darauf möchten wir eben auch aufmerksam machen.
domradio.de: Wie läuft das ab, wenn zum Beispiel wir da mitmachen wollten? Schicken Sie uns dann eine Kiste?
Schäfer: So ähnlich. Über unsere Homepage können Sie eine Sammelbox bestellen. Die wird Ihnen dann kostenlos zugeschickt, zusammen mit Infoblättern zu Aktionen und Plakaten, die Sie aufhängen können. Die Box können Sie dann an einem gut bewachten Ort aufstellen. Bei Fragen können Sie sich immer an uns wenden.
domradio.de: Es geht also nicht darum, dass Lisbeth Müller Ihnen das einzelne Handy schickt, sondern um das Sammeln von vielen alten Geräten?
Schäfer: Genau, dem einzelnen Einsammeln könnten wir nicht gerecht werden. Es geht eher darum, dass die Leute selber Sammelaktionen starten - bei sich und ihrem Umfeld, zum Beispiel in ihrer Gemeinde oder Schulklasse. Gleichzeitig stellen wir eben auch Bildungsmaterialien rund ums Handy zur Verfügung.
domradio.de: Es geht nicht nur um das Sammeln an sich, sondern auch um Aufklärung über Elektroschrott und Herstellungsbedingungen. Bei der Gewinnung der Rohstoffe werden ja häufig Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörungen begangen. Wie vermitteln Sie das?
Schäfer: Wir stellen Materialien zum Beispiel zum Thema Rohstoffe zur Verfügung. Welche Rohstoffe stecken überhaupt im Handy? Da stecken nämlich 60 verschiedene Stoffe drin in diesem kleinen Gerät. Aber auch die Fragen: Wo kommen die Rohstoffe her, wo werden sie abgebaut? Wie sind die Arbeitsbedingungen? Und was passiert mit dem Handy, wenn es in den Hausmüll geschmissen wird und nicht recycelt wird? Oft landet es dann auf giftigen Müllhalden, teilweise auch in Afrika.
Wir stellen auch spezielle Materialien für Schulen zusammen, bei denen sich Schüler spielerisch mit dem Thema beschäftigen können. Wir verleihen auch eine so genannte Handykiste. Das sind verschiedene Stationen für Schüler, wo sie sich mit den ökologischen und sozialen Folgen des Bergbaus auseinander setzen können. Außerdem stellen wir Videos zur Verfügung. Wenn jemand sagt, er möchte gerne so eine Sammelaktion machen, möchte aber gerne, dass noch jemand dazu kommt, dann unterstützen wir einmal bei der Vermittlung von Referenten. Oder - wenn es bei uns in der Nähe ist und zeitlich passt - kommen wir auch selber vorbei und geben Workshops.
domradio.de: Das ist also die Aufklärungsarbeit, die die Aktion begleitet. Die alten Handys, die gesammelt werden, werden also fachgerecht recycelt. Kostet das Geld oder bringt das Geld?
Schäfer: Weder noch. Die Sammelaktion läuft zusammen mit der Telekom. Man braucht nämlich einen offiziellen Sammelpartner, um überhaupt sammeln zu können. Wir können jetzt nicht einfach so eine Kiste aufstellen. Die Telekom profitiert nicht davon. Aber es gibt einen Erlös. Zum einen verdienen die Recycling-Firmen kostendeckend. Und etwa 30 Cent pro Handy gehen an Menschenrechtsprojekte von "Brot für die Welt" und der "Vereinten evangelischen Mission". Das sind Projekte, die sich mit den Folgen des Bergbaus beschäftigen - im Kongo, in den Philippinen und Südafrika.
Das Gespräch führte Uta Vorbrodt