Nicht selten wird sie auch als mögliche Ehefrau Jesu und Mutter seiner Kinder bezeichnet.
Mythos des Weiblichen und Gegenstand männlicher Phantasien
Heilige oder gefallene Frau, Büßerin oder Prostituierte? Es gibt wohl kaum eine weibliche Gestalt der Bibel, deren Rolle so vielfältig und ausschmückend interpretiert wird, wie Maria Magdalena. Bis heute. Man denke nur an Dan Browns "Sakrileg" und die Verfilmung dieses Romans.
Ein mächtiges Geheimnis wird in dem fiktiven Roman aufgedeckt: Jesus Christus soll demnach mit eben jener Maria Magdalena verheiratet gewesen sein, und sogar ein gemeinsames Kind gehabt haben.
Der Film war ein voller Erfolg, die Fundamente der Menschheit hat er aber nicht zum Einsturz bringen können. Denn die Zeugnisse, die es tatsächlich vom Leben der Maria Magdalena gibt, weisen in eine andere Richtung.
Maria Magdalena bei den Evangelisten
Alle vier Evangelisten berichten von Maria, die den Beinamen aufgrund ihres Herkunftsortes Magdala am See Genezareth hatte.
Es wird berichtet, dass Jesus sie von einer schweren Krankheit geheilt hatte. Daraufhin begleitet Maria Magdalena gemeinsam mit anderen Frauen die Jünger und Jesus und unterstützt sie finanziell.
Bei der Kreuzigung gehört sie zu den Frauen, die Jesus bis unter das Kreuz folgen.
Eine Frau im Gefolge des Messias
Aufgrund der Stellung von Frauen in der damaligen Gesellschaft eigentlich undenkbar.
Und die Rolle der Maria Magdalena wird in der Bibel sogar noch wichtiger. Laut Johannes-Evangelium ist sie der erste Mensch, dem der auferstandene Jesus am Ostermorgen begegnet.
Allein dieser Umstand macht sie in den folgenden Jahrhunderten zu einer herausgehobenen Gestalt.
Ehrung der Maria von Magdala bringt Verwirrung
Hippolyt von Rom nennt Maria Magdalena gar Apostolin.
Die Legende macht sie zur Missionarin Frankreichs. Aber schon wenige hundert Jahre später beginnt die Zeit der Faktenvermengung.
Papst Gregor der Große will die erste Osterzeugin mit einer eigenen Predigtreihe würdigen und vermischt dabei die Biographien weiterer Frauen der Bibel miteinander.
Maria Magdalena war nun auch Maria von Betanien. Jene Schwester des Lazarus, die Jesus bei seinen Besuchen in der Familie aufmerksam zuhörte.
Gregor identifizierte Maria Magdalena auch mit der namenlosen Sünderin, die Jesu Füße gesalbt und mit ihrem Haar getrocknet hatte.
Kirchlicher Irrtum hat Konsequenzenen
Mit der Zeit wird Maria Magdalena zum Synonym für die gefallene und verrufene Frau.
Im 20. Jahrhundert fragt man sich darum, ob ihr Verhältnis zu Jesus unter diesem Blickwinkel vielleicht zweifelhaft gewesen sein könnte. Gab es ein Liebesverhältnis?
Ein Fund mehrerer Papyrus-Blätter 1945 in Ägypten beflügelt die Phantasie in diese Richtung sogar noch.
Darauf enthalten: Bildworte und Spruchsammlungen ohne Zusammenhang, wohl aus dem fünften Jahrhundert. Und auch die Erwähnung einer Maria Magdalena. Das Papier ist schlecht erhalten: zu lesen sind folgende Worte:
"Der… Maria Magdalena … mehr als alle Jünger… und küsste sie ..."
Womöglich handelt es sich hier um einen Teil des so bezeichneten Philippus-Evangeliums: Einer Schrift von ägyptischen Gnostikern, die behaupteten, im Besitz höherer Erkenntnis zu sein.
Aus der Wissenschaft in die Dichtung
Nichtwissenschaftliche Autoren lesen die undeutliche Passage über Maria Magdalena gerne so, dass Jesus sie küsste und mehr liebte als alle Jünger.
Auch Dan Brown las diese Passage so, und schrieb darüber seinen erfolgreichen Roman.
Die Kirche sieht keinen ernstzunehmenden Hinweis auf eine Liebesbeziehung zwischen Jesus und Maria Magdalena.
Sie feiert sie als treue Anhängerin Jesu, die an seinem Grab weinte und die als erste unter allen Menschen dem Auferstandenen Jesus begegnen durfte.