Im Oktober läuft der Countdown für das Europäische Klimagesetz

Heißer Herbst

Corona und die Folgen halten die Menschen weiterhin in Atem. Doch neben der Pandemie gibt es weitere politische Großbaustellen, wie den Kampf gegen den Klimawandel und das "Europäische Klimagesetz".

Autor/in:
Joachim Heinz
Gewitterwolken über Köln / © Harald Oppitz (KNA)
Gewitterwolken über Köln / © Harald Oppitz ( KNA )

Es geht um Prozentzahlen und Nachkommastellen, um Wort-Ungetüme und Detailformulierungen. Am Dienstag berät das EU-Parlament in Brüssel über eine Verordnung "zur Schaffung des Rahmens für die Verwirklichung der Klimaneutralität". Am 15. und 16. Oktober ist dann der Europäische Rat an der Reihe.

Die Materie klingt etwa so staubtrocken, wie die Äcker in weiten Teilen Europas nach dem dritten Dürresommer in Folge aussehen. Und das macht die Sache dann doch wieder interessant. Denn mit dem "Europäischen Klimagesetz" will die EU ihr Klimaschutzziel für 2030 festlegen.

Klimaneutralität bis zur Jahrhundertmitte

Die Zeit drängt, nicht nur weil Hitze, Überschwemmungen oder das Abschmelzen von Gletschern und Eispanzern immer mehr Menschen auf der Welt zu schaffen machen. Sondern auch, weil bis Jahresende alle Staaten, die das Klimaabkommen von Paris vor fünf Jahren unterzeichnet haben, eine Steigerung ihrer bisherigen Selbstverpflichtungen vorlegen müssen - sowohl für 2030 als auch für 2050. Letzteres hat die EU 2019 erledigt. Bis zur Jahrhundertmitte strebt der Staatenverbund Klimaneutralität an. Außer Polen trugen alle Mitgliedstaaten diesen Entschluss mit.

Die Polen sind freilich nicht die einzigen, die auf die Bremse treten, wie sich bei den laufenden Debatten zum Klimaschutzziel 2030 zeigt. Vor dem Pariser Abkommen hatte die EU angepeilt, den Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase um 40 Prozent gegenüber dem Niveau von 1990 zu reduzieren. Nun legt die EU-Kommission die Latte auf 55 Prozent. Diesen Vorschlag unterstützt allerdings nur ein Teil der Mitgliedstaaten, darunter Spanien und Frankreich. Die Bundesregierung hat sich formal noch nicht festgelegt, und so steht Europa in Sachen Klimaschutz wohl ein heißer Herbst bevor - zumindest in übertragenem Sinne.

Rolle des CO2-Budgets umstritten

Viele Details liegen noch im Nebel. Etwa die Frage, welche Hintertüren "Klimasündern" offen bleiben, um ihre Verpflichtungen zur Verminderung des Kohlendioxidausstoßes möglichst gering zu halten, zum Beispiel durch die Anrechnung von Waldbeständen oder des Abbaus von Kohlendioxid durch CO2-Entnahmetechnologien. Umstritten ist auch, welche Rolle das CO2-Budget bei der Festschreibung der Ziele spielen soll. Diese Marke beschreibt, wie viel Kohlendioxid die Staaten noch verbrauchen können, um den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur wie in Paris vereinbart möglichst auf 1,5 Grad zu begrenzen.

Experten haben errechnet: Behalten die 27 EU-Mitgliedstaaten und Großbritannien ihren Ausstoß von 2017 bei, ist ihr Budget in rund zehn Jahren aufgebraucht. Alle Staaten der Welt müssten laut dem UN-Umweltprogramm Unep jedes Jahr 7,6 Prozent weniger Kohlendioxid in die Luft blasen als im Jahr davor; für die EU samt den Briten beziffern manche Wissenschaftler das notwendige Reduktionsziel für 2030 auf knapp unter 70 Prozent. Kein Wunder, dass Lobbyisten, Unternehmer und Vertreter von Umwelt- und Hilfsorganisationen jetzt noch einmal verstärkt bei Europaparlamentariern und der Kommission ihre Positionen vortragen.

Katholisches Büro: neue Verodnung "Herzstück" der künftigen EU-Klimapolitik

Auch das Katholische Büro in Berlin, die Vertretung der Bischöfe bei der Bundesregierung und den EU-Institutionen, wandte sich jetzt mit einem Rundschreiben an die Abgeordneten. Die Verordnung, über die nun beraten werden soll, sei das "Herzstück" der künftigen EU-Klimaschutzpolitik und des von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vorgestellten "Grünen Deals", heißt es in dem fünfseitigen Schreiben. Deutschland, das bis Jahresende die EU-Ratspräsidentschaft innehat, könne die entscheidenden Weichen stellen. Notwendig sei dafür allerdings, dass die EU ihren Treibhausgasausstoß bis 2030 um netto "mindestens 55 Prozent, besser noch 60 Prozent oder mehr, im Vergleich zu 1990" senke.

Die Herausforderungen seien zwar immens, "und dies in einer ohnehin schwierigen Zeit", schreibt das Katholische Büro. Aber: "Gerade jetzt nehmen die EU und ihre Mitgliedstaaten aber zur Bekämpfung der Folgen der Corona-Pandemie Mittel in die Hand, die nicht nur zur Behebung der wirtschaftlichen Schäden, sondern für einen Wiederaufbau zum Besseren, zu einer Veränderung unserer Wirtschafts- und Lebensweisen hin zur Nachhaltigkeit genutzt werden können."


Quelle:
KNA