Heße begrüßt Eingriff des Staates bei Missbrauchaufarbeitung

Mit vereinten Kräften

Nach Vorstellung einer Missbrauchsstudie für die katholische Kirche in Mecklenburg hat sich der Hamburger Erzbischof Stefan Heße geäußert. Der Fokus auf Namen von Verantwortlichen führt seiner Ansicht nach nicht weiter.

Autor/in:
Michael Althaus und Andreas Otto
Erzbischof Stefan Heße / © Torben Weiß (KNA)
Erzbischof Stefan Heße / © Torben Weiß ( KNA )

Der Staat muss sich nach Ansicht des katholischen Hamburger Erzbischofs Stefan Heße mehr in die Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch in der Kirche einbringen. Er unterstütze eine solche Forderung der Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung, Kerstin Claus, sagte Heße am Montag vor Journalisten in Hamburg.

Kerstin Claus, Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, am 09.08.2022 in Berlin. Seit April 2022 ist sie Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs. / © Hans Scherhaufer (epd)
Kerstin Claus, Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, am 09.08.2022 in Berlin. Seit April 2022 ist sie Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs. / © Hans Scherhaufer ( epd )

Allerdings frage er sich, wann es hier zu konkreten Ansätzen komme.

"Wenn die kirchliche Aufarbeitung in der Öffentlichkeit als nicht ausreichend angesehen wird, müssen solche konkreten Ansätze dringend in den öffentlichen Diskurs eingebracht werden."

Studie zu Missbrauch in der Kirche in Mecklenburg

Heße äußerte sich zu der am Freitag vorgestellten Studie zu Missbrauch in der Kirche in Mecklenburg. Er kündigte an, in Abstimmung mit der Aufarbeitungskommission und dem Betroffenenrat weitere Untersuchungen in Auftrag geben zu wollen, die das ganze Gebiet des Erzbistums Hamburg erfassen. Zudem plädiert der Erzbischof für eine gesamtdeutsche Studie nach zuvor festgelegten Kriterien.

Die in Schwerin präsentierte Studie über Missbrauchsfälle in der Kirche Mecklenburgs bezog sich auf die Jahre 1946 bis 1989. Das Autorinnenteam unter der Leitung der Ulmer Psychiaterin Manuela Dudeck ermittelte für diesen Zeitraum rund 40 Betroffene und 19 Beschuldigte, geht aber von einer hohen Dunkelziffer aus. Außerdem fanden die Forscherinnen heraus, dass sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen während der DDR-Zeit nicht nur von der Kirche, sondern auch vom Staat vertuscht wurde.

 Vorstellung der Studie zu Missbrauch in Mecklenburg
 / © Michael Althaus (KNA)
Vorstellung der Studie zu Missbrauch in Mecklenburg / © Michael Althaus ( KNA )

Die rund 300.000 Euro teure Untersuchung war vom Erzbistum Hamburg in Auftrag gegeben worden. Aus Datenschutzgründen nannte sie keine Namen von Beschuldigten und kirchlichen Verantwortungsträgern.

Nach dem Lesen der Studie sei ihm sehr "deutlich geworden, wie sehr sexualisierte Gewalt mit geistlichem Missbrauch, mit Machtmissbrauch und mit brutaler körperlicher Gewalt zusammenhängt", so Heße. Auch im Erzbistum Hamburg hätten kirchliche Verantwortungsträger nach heutigem Wissen nicht angemessen gehandelt. "Täter wurden nicht konsequent zur Rechenschaft gezogen und Schutzbefohlene nicht ausreichend geschützt."

Betroffenenrat fordert Namensnennung

Der Betroffenenrat der norddeutschen Bistümer forderte vom Erzbistum, die Namen zu nennen. Unter anderem müsse die Rolle des früheren Schweriner Weihbischofs Norbert Werbs (1940-2023) klar benannt werden.

Der emeritierte Weihbischof Norbert Werbs / © Harald Oppitz (KNA)
Der emeritierte Weihbischof Norbert Werbs / © Harald Oppitz ( KNA )

Heße erklärte, die Namen der für Mecklenburg verantwortlichen Bischöfe seien hinlänglich bekannt. Auch seien die Namen von Beschuldigten bereits teilweise öffentlich. "Am Ende bringt der Fokus auf Namen nicht weiter", so der Erzbischof. Stattdessen gelte es, die systemischen Ursachen des Missbrauchs in den Blick zu nehmen.

Der Erzbischof forderte, dass der Umgang der Kirche mit Macht kritisch überprüft werden müsse und verwies auf den laufenden bundesweiten Reformprozess, den Synodalen Weg. "Ich glaube, dass wir dort an wichtigen Impulsen für eine Kirche arbeiten, in der Macht kontrolliert und geteilt werden soll."

Die katholische Kirche in Mecklenburg war als sogenanntes Bischöfliches Amt Schwerin zu DDR-Zeiten ein eigener, provisorischer kirchlicher Verwaltungsbereich. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands wurde sie Teil des neu gegründeten Erzbistums Hamburg.

Missbrauch in Mecklenburg laut Studie oft in kirchennahen Räumen

In der katholischen Kirche in Mecklenburg ist sexualisierte Gewalt an jungen Menschen häufig in kirchennahen Räumen wie der Kirche, Sakristei oder im Beichtstuhl verübt worden. Die Opfer waren zu Beginn des Missbrauchs im Schnitt zehn Jahre alt, sagte die Leiterin des Forschungsteams, die Ulmer Psychiaterin Manuela Dudeck, bei der Vorstellung der knapp 150 Seiten umfassenden Studie über Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche Mecklenburgs in Schwerin.

Abschlussbericht der Missbrauchsstudie in Mecklenburg / © Michael Althaus (KNA)
Abschlussbericht der Missbrauchsstudie in Mecklenburg / © Michael Althaus ( KNA )
Quelle:
KNA