Hilfswerk Misereor warnt vor Kürzungen im Entwicklungsetat

733 Millionen Menschen nicht satt

Weniger Geld für das Entwicklungsministerium oder gar eine Eingliederung in das Auswärtige Amt? Das Hilfswerk Misereor hält davon nichts. Nötig sei vielmehr eine andere Verteilung von Reichtum, um Armen zu helfen.

Autor/in:
Alexander Riedel
Symbolbild Hunger in Afrika / © Riccardo Mayer (shutterstock)
Symbolbild Hunger in Afrika / © Riccardo Mayer ( shutterstock )

Das Hilfswerk Misereor warnt vor geplanten weiteren Kürzungen im Etat des Entwicklungsministeriums.

Diese sendeten das Signal aus, dass es wichtiger sei, etwas für Deutschland zu tun, als internationale Verantwortung zu übernehmen, sagte der Geschäftsführer des katholischen Hilfswerks, Bernd Bornhorst, am Dienstag in Berlin bei der Vorstellung der Jahresbilanz der Organisation. Dies sei sehr kurzsichtig.

Bernd Bornhorst ist Geschäftsführer Internationale Zusammenarbeit bei Misereor / © Harald Oppitz (KNA)
Bernd Bornhorst ist Geschäftsführer Internationale Zusammenarbeit bei Misereor / © Harald Oppitz ( KNA )

Die Folgen einer solchen Verschiebung wären auch in Deutschland spürbar, warnte Bornhorst. "Was wir heute nicht gemeinsam global angehen, das werden wir morgen mit noch mehr Anstrengungen und noch mehr Geld dann versuchen müssen, wieder hinzukriegen." Deutschland könne mit Entwicklungszusammenarbeit zudem Werte wie Demokratie, Partizipation und Gerechtigkeit exportieren.

Kürzungen reduzieren Chancen und Hoffnungen

Auch der Vorsitzende der Katholischen Zentralstelle für globale Entwicklung, Karl Jüsten, beklagte, dass bereits im vergangenen Jahr die staatlichen Mittel für Entwicklungszusammenarbeit reduziert worden seien. Komme es zu weiteren Kürzungen, könnten weniger Projekte durch Misereor gefördert oder Vorhaben nur noch in geringerem Umfang unterstützt werden. Es drohten Kürzungen von mindestens zehn Prozent. Dies höre sich abstrakt an, reduziere aber Chancen und Hoffnungen vor Ort.

Karl Jüsten / © Jannis Chavakis (KNA)
Karl Jüsten / © Jannis Chavakis ( KNA )

Misereor nahm 2023 mit 64,6 Millionen Euro rund 2,9 Millionen Euro mehr aus Spenden und Kollekten ein als im Vorjahr. Einschließlich der Gelder des Entwicklungsministeriums hatte Misereor damit im vergangenen Jahr 238,8 Millionen Euro zur Verfügung. Das waren etwas weniger als die 241,5 Millionen Euro aus dem Vorjahr. Aktuell unterstützt das Hilfswerk mehr als 3.300 Projekte in 84 Ländern und arbeitet dafür mit fast 1.800 Partnern zusammen.

Ein anderer Blick auf die Welt

Jüsten sprach sich zugleich dafür aus, an einem eigenständigen Entwicklungsministerium festzuhalten. "Nur so kann Deutschland seiner globalen Verantwortung gerecht werden und einen starken Beitrag zur Bekämpfung von Armut, Hunger und den Folgen der Klimakrise leisten", sagte er.

Zuletzt waren aus der FDP Forderungen laut geworden, das Entwicklungsministerium in das Auswärtige Amt einzugliedern. Ein eigenständiges Ressort sichere einen anderen Blick auf die Welt, erklärte Jüsten. "Wer Entwicklungspolitik betreibt, schaut in die Welt mit den Augen der Armen." Dies sei ein anderer Blick als der mit den Interessen eines reichen Landes wie Deutschland.

Andreas Frick / © Andreas Steindl (Bistum Aachen)

Misereor-Hauptgeschäfsführer Andreas Frick forderte, dass die Bundesregierung und die Europäische Union mehr gegen den Hunger in der Welt tun sollten. Politik und Gesellschaft müssten den Reichtum der Menschheit gerechter verteilen, damit die nach wie vor große Armut in vielen Ländern des globalen Südens abgemildert werden könne.

"Hunger und Ernährungsunsicherheit gehören zu den größten Skandalen in unserer nach wie vor ungerechten Welt", sagte Frick. "Es ist genug Essen für alle auf diesem Planeten." Und doch würden 733 Millionen Menschen nicht satt.

Bischöfliches Hilfswerk Misereor

Misereor ist das weltweit größte kirchliche Entwicklungshilfswerk. Es wurde 1958 von den katholischen Bischöfen in Deutschland auf Vorschlag des damaligen Kölner Kardinals Josef Frings als Aktion gegen Hunger und Krankheit in der Welt gegründet.

Der Name bezieht sich auf das im Markus-Evangelium überlieferte Jesuswort "Misereor super turbam" (Ich erbarme mich des Volkes). Sitz des Hilfswerks ist Aachen.

Logo des Bischöflichen Hilfswerks Misereor in einem Schaufenster / © Julia Steinbrecht (KNA)
Logo des Bischöflichen Hilfswerks Misereor in einem Schaufenster / © Julia Steinbrecht ( KNA )
Quelle:
KNA