Hilfswerke weisen zwei Jahre nach Beginn des Krieges in der Ukraine vor allem auf notwendige psychologische Unterstützung hin. Rund zehn Millionen Menschen benötigten professionelle Hilfe von Psychologen, teilte das Hilfswerk Care am Dienstag in Bonn mit. "Es wird Jahre dauern, bis sich die Menschen in der Ukraine von den Folgen dieses Kriegs erholen. Sie brauchen dringend unsere langfristige Unterstützung", sagte die Care-Referentin für Nothilfekommunikation, Sarah Easter.
Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine am 24. Februar 2022 sind nach Angaben von Care rund 14,6 Millionen Menschen in der Ukraine in Not, etwa zehn Millionen Menschen wurden vertrieben - vier Millionen innerhalb des Landes. Vor allem Frauen und Mädchen seien von den Folgen des Kriegs betroffen, sagte die Frauenrechtlerin und Direktorin der Organisation "Girls", Yuliya Sporysh.
Gewalt gegen Frauen
Es brauche Investitionen in Bildung und Betreuungsangebote für Kinder, damit Mütter arbeiten könnten. Ein weiteres Problem sei Gewalt gegen Frauen. Auch Caritas international unterstützt mit Partnerorganisationen vor Ort vor allem Frauen, Kinder, ältere Menschen und Menschen mit Behinderung.
Neben der Ausgabe von Lebensmittelpaketen und Hygienesets hätten Mitarbeitende seit Februar 2022 mehr als 114.000 traumatisierte Menschen psychologisch betreut. Caritas international plant langfristige Unterstützung für die Menschen in der Ukraine. So werde in Strukturen investiert, mit denen auch über den Krieg hinaus soziale Hilfe geleistet werden könne.
Das Aktionsbündnis Katastrophenhilfe bedankte sich für bisher mehr als 400 Millionen Euro an Spenden. Damit würden gerade im Winter Häuser instand gesetzt, "Fenster und Türen repariert, warme Kleidung und Heizöfen verteilt", sagte der Vorsitzende des Bündnisses, Oliver Müller. Er ist auch Leiter von Caritas international, die gemeinsam mit dem Deutschen Roten Kreuz, der Diakonie Katastrophenhilfe und Unicef Deutschland das Bündnis bilden.
Finanzielle Not
Es werde weiterhin Geld benötigt, um innerhalb der Ukraine vertriebene Menschen zu betreuen. "Vor allem die Kinder leiden darunter, und hier tun wir alles, um ihnen Orte zu geben, in denen sie Halt finden und einfach Kinder sein können", so Müller.
Auch die Welthungerhilfe hat die ukrainischen Kinder im Blick. "Da wächst eine Generation heran, die ein riesiges Trauma hat. Sie sind sehr verängstigt und oftmals isoliert, weil die Schule und die normalen sozialen Kontakte fehlen", sagte Regionaldirektorin Elke Gottschalk.
Das Hilfswerk Help unterstützt Ukrainerinnen und Ukrainer nach eigenen Angaben etwa mit Futter und Tiermedizin, damit meist von Frauen und Vertriebenen gegründete Betriebe direkt in der Ukraine Lebensmittel produzieren können. Hinzu komme psychosoziale Unterstützung etwa bei geschlechtsspezifischer Gewalt für rund 25.000 Betroffene.
Gefahr durch Mienen und Blindgänger
Handicap International (HI) verweist auf die vielen Blindgänger und Minen, die der Krieg schon jetzt im Boden hinterlassen hat. "Einige Gebiete rund um Charkiw und Dnipro im Osten sowie Mykolajiw und Cherson im Süden der Ukraine sind durch Bombardierungen und Verseuchung mit Minen und Blindgängern vom Rest des Landes abgeschnitten", erklärte die Leiterin der politischen HI-Abteilung, Eva Maria Fischer.
"Viele Menschen trauen sich bisweilen gar nicht, die prekären Unterkünfte zu verlassen. Unzählige Felder können nicht bestellt werden." Die Hilfsorganisation kläre die Bevölkerung über die explosiven Kriegsreste auf, hieß es. Trotz der Bombardierungen seien jedoch vor allem Ältere, darunter auch ein hoher Anteil von Menschen mit Behinderung, geblieben.
"Die am stärksten gefährdeten Menschen bleiben unverhältnismäßig oft in den vom Konflikt besonders betroffenen Gebieten, weil sie diese entweder nicht verlassen wollen oder können. Isolation, ständiger Beschuss und der Mangel an medizinischer Grundversorgung wirken sich auch auf die psychische Gesundheit aus und werden die Menschen noch jahrelang belasten", erklärte die Geschäftsführerin von HI Deutschland, Inez Kipfer-Didavi.