Historiker enthüllt Fehler und Pannen im Vatikan

Papst Pius XII. und das Marien-Dogma

1950 verkündete Pius XII. erstmals ein unfehlbares Dogma. Es ging darum, wie die Jungfrau Maria in den Himmel kam. Bei der Bekanntgabe unterlief dem dann unfehlbaren Papst ein Fehler. Ein Kirchenhistoriker ermittelt die Hintergründe.

Autor/in:
Ludwig Ring-Eifel
Papst Pius XII. im Vatikan (KNA)
Papst Pius XII. im Vatikan / ( KNA )

Das katholische Dogma von der "Leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel" ist offenbar mit einem fehlerhaften Wortlaut sowie einem weiteren Formfehler verkündet worden. An der Gültigkeit ändert dies jedoch vermutlich nichts. Auf diese Kuriosität hat der Münsteraner Kirchenhistoriker Matthias Daufratshofer in der Zeitschrift "Herder Korrespondenz" (April-Ausgabe) hingewiesen.

Nach Daufratshofers Forschungen im Vatikanarchiv hat Papst Pius XII., als er das Dogma am 1. November 1950 feierlich verkündete, den Namen "Maria" versehentlich ausgelassen. Das zeigen laut dem Historiker Akten aus den jüngst geöffneten Vatikanischen Archiven.

Vatikanischen Notar hat es aufgeschrieben

Die entscheidende Formel lautete: "Wir verkünden, erklären und definieren: Es ist von Gott geoffenbarte Glaubenslehre, dass die Unbefleckte Gottesgebärerin und immerwährende Jungfrau Maria nach Vollendung des irdischen Lebenslaufes mit Leib und Seele in die himmlische Herrlichkeit aufgenommen wurde."

Dazu findet sich eine zeitgenössische Notiz eines vatikanischen Notars: "Während der Zeremonie zur dogmatischen Definition, die heute Morgen auf dem Petersplatz stattfand, hat der Heilige Vater den Text vorgelesen, wie er hier beigefügt ist. Allerdings unterlief ihm ein 'lapsus', bei dem er in der Formel der Definition das Wort 'Mariam' ausließ." Dies sei auch auf Tonaufnahmen zu hören.

Tradition erfunden?

Die Verkündung des Dogmas war die erste, seit das Unfehlbarkeitsdogma auf dem Ersten Vatikanischen Konzil im Jahr 1870 beschlossen wurde. Dem Mariendogma gingen, wie Daufratshofer herausfand, lange interne Diskussionen im Vatikan voraus. Dabei wurde auch debattiert, ob dafür eigens ein Konzil einberufen werden müsse und in welcher Weise die Bischöfe der katholischen Weltkirche in die Entscheidung einzubeziehen seien.

Da in der Bibel und in der kirchlichen Tradition kaum Argumente für das neue Dogma zu finden waren, sandte der Papst 1946 ein Rundschreiben an alle katholischen Bischöfe in der Welt. 98 Prozent von ihnen stimmten seinem Vorhaben zu. Aus Mangel an eindeutigen Schrift- und Traditionsbelegen habe Pius XII. durch den Verweis auf den Konsens des Weltepiskopats und den "Glaubenssinn der Gläubigen" eine Tradition erfunden, erklärt der Historiker.

Auch das offizielle Verkündigungsschreiben, eine sogenannte Bulle, enthielt laut Dauratshofer einen Formfehler: Es fehlten die Unterschriften von elf der bei der Feier anwesenden 38 Kardinäle. Vatikanische Zeremonienmeister hatten ihnen aus ungeklärten Gründen den Zutritt zu dem Raum verweigert, in dem das Dokument lag. Aus kirchenrechtlicher Sicht sei das Dokument trotz dieser Fehler dennoch gültig, so Daufratshofer abschließend.

Quelle:
KNA