Historiker sieht russisch-orthodoxe Kirche in Machtstellung

"Maschinerie im System Putin"

Unter Präsident Wladimir Putin ist die russisch-orthodoxe Kirche nach Ansicht von Historiker Martin Aust zurück im Spiel um Macht und Einfluss. Das sei in der Sowjetunion mit ihrer antikirchlichen Propaganda noch anders gewesen.

Prof. Dr. Martin Aust / © Harald Oppitz (KNA)
Prof. Dr. Martin Aust / © Harald Oppitz ( KNA )

"Zugleich sind ihre führenden Protagonisten Teil der gigantischen Reichtumsumverteilungs- und Aneignungsmaschinerie im System Putin geworden", sagte Aust am Dienstag in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). "Das sieht man schon allein daran, wie viel Mühe darauf verwendet wird, die teuren Armbanduhren am Handgelenk von Patriarch Kyrill per Photoshop zu entfernen."

Lage der orthodoxen Kirche in der Ukraine anders

Anders sehe die Lage bei der orthodoxen Kirche der Ukraine aus, betonte der Osteuropa-Historiker. "Das zeigte sich etwa bei den Euro-Maidan-Protesten 2013. Da öffnete das orthodoxe Michaelskloster in Kiew seine Pforten für die Demonstranten. In der Ukraine versteht sich die Kirche als Teil einer pluralistischen Gesellschaft."

Aust äußerte sich zum 100. Jahrestag der Gründung der Sowjetunion. Damals habe die Kirche einen schweren Stand gehabt. Die sogenannte Oktoberrevolution der Bolschewiki von 1917 sei ideologisch getrieben gewesen. "Daraus ergab sich die antikirchliche Propaganda und die Verfolgung von Geistlichen in den 1920er-Jahren."

Russische Fahne statt Hammer und Sichel

Die Sowjetunion wurde am 30. Dezember 1922 gegründet. Sie existierte bis Ende 1991. Damals trat am Abend des 25. Dezember Michail Gorbatschow als Präsident zurück. Die Flagge mit Hammer und Sichel wurde über dem Kreml eingeholt; an ihre Stelle trat die russische Fahne.

Moskau und der Vatikan

Die Beziehungen zwischen Moskau und dem Vatikan gelten seit jeher als schwierig. Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) zeichnet wichtige Stationen nach:

988: Durch die Taufe und seine Eheschließung mit der Schwester des oströmischen Kaisers rückt Wladimir, Fürst der Kiewer Rus, in die Familie der christlichen Könige des Mittelalters auf. Er betreibt die Christianisierung vielfach brutal. In dieser Periode werden in mehreren Städten auch lateinische Kirchen errichtet; die Bischöfe sind allerdings durchweg "Griechen".

Kyrill I. und Papst Franziskus (Archiv) / © Paul Haring/CNS photo (KNA)
Kyrill I. und Papst Franziskus (Archiv) / © Paul Haring/CNS photo ( KNA )
Quelle:
KNA