Der Theologe Michael Beintker hat mehr Nachsicht für mögliche Versäumnisse der Politik in der Corona-Krise gefordert. Der Satz "Wir werden uns viel zu vergeben haben" von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sei ein "durch und durch theologischer Satz" gewesen, sagte der emeritierte Professor am Mittwoch in einer Online-Diskussion zum Thema Schuld.
Das richtige Handeln gerate derzeit schon deswegen in Schuldzusammenhänge, weil andere Entscheidungen zurückgestellt werden müssten. So entstünden Versäumnisse.
Ohne Vergebung wäre das Leben unbarmherzig
Beintker sagte, man müsse den Horizont der Vergebung immer mitdenken. "Sonst würden wir die Nachsicht verlieren und nur noch von einer moralischen Entrüstung in die nächste fallen". Das Leben würde dann "grausig unbarmherzig".
Der Theologe ist federführender Autor eines neuen Grundlagentextes der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zu Sünde, Schuld und Vergebung, der Mitte November veröffentlicht werden soll.
Jeder ist mit Schuld konfrontiert
Beintker sollte bei der EKD-Veranstaltung am Mittwochabend nach ursprünglichen Plänen mit Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) über Schuld diskutieren.
Wegen eines kurzfristigen Termins der Ministerin diskutierte Justizstaatssekretär Christian Kastrop mit dem Theologen. Er unterstrich, jeder sei in seinem Leben mit individueller und gesellschaftlicher Schuld konfrontiert und brauche daher auch Vergebung.