DOMRADIO.DE: Was haben Sie gedacht, als Sie erfahren haben, dass Sie von der Europäischen Bewegung Deutschland e.V. als "Frau Europas" 2021 ausgezeichnet werden?
Lisi Maier (Vorsitzende des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend): Ich habe mich total gefreut.
DOMRADIO.DE: Was bedeutet Ihnen persönlich Europa?
Maier: Europa muss aus meiner Perspektive ein Garant für Demokratie und Menschenrechte sein.
DOMRADIO.DE: Wobei Sie Europa ja sehr viel weiterdenken als einfach nur "Europäische Union". Sie haben sich zum Beispiel für den Aufbau eines Jugendrings in der Ukraine eingesetzt und Sie unterstützen auch den belarusischen Jugendring. Speziell in Belarus haben junge Leute es aktuell ja sehr, sehr schwer. Wie ist da der Stand der Dinge?
Maier: Unsere Partnerorganisationen in Belarus gehören zu den verfolgten Gruppen, deren Leitungen in den vergangenen Monaten teils inhaftiert worden sind und auch teilweise noch inhaftiert sind. Wir bekommen sehr viele Informationen von unseren Partnerorganisationen in Belarus über Threema-Gruppen oder andere Social-Media-Kanäle.
Aber man muss schon sorgen, dass sich die Lage sehr stark zuspitzt und mittlerweile auch einige der Gruppen des Landes verwiesen worden sind. Es ist schon seit vielen Jahren sehr problematisch, dass in Belarus überhaupt Jugendverbandsarbeit stattfinden kann. Aber in den letzten Monaten hat sich die Lage nochmal mehr zugespitzt und Lukaschenko (Belarusischer Präsident, Anm. d. Red.) hat in den letzten Wochen die Zügel sehr viel stärker angezogen.
DOMRADIO.DE: Mit Blick auf Europa setzen Sie auch stark auf Austausch, zum Beispiel auf den deutsch-französischen Bürgerfond oder das deutsch-polnische Jugendwerk. Warum ist ein Austausch so wichtig?
Maier: Ich glaube, dass es total wichtig ist, dass junge Menschen und auch ältere Menschen aus unterschiedlichen Teilen Europas zusammenkommen und voneinander lernen. Wir haben in Europa die größte kulturelle Vielfalt auf kleinstem Raum, die wir uns vorstellen können. Und auch die größte sprachliche Vielfalt. Ich glaube, da kann man ganz viel voneinander lernen, aber auch Gemeinsamkeiten erkennen.
Und das ist wichtig, um gemeinschaftlich in dieser globalisierten Welt als Europäer voranzugehen und sich für die Dinge einzusetzen, für die man gemeinschaftlich steht. Und dafür gemeinschaftlich einzustehen, dass Demokratie und Menschenrechte uns vereinen und zusammenschweißen. Das ist aus meiner Perspektive wichtig und das lernt man, wenn man gemeinsamen Jugendaustausch macht.
DOMRADIO.DE: Die Corona-Pandemie hat viele der Schwierigkeiten und Herausforderungen Europas nochmal ganz deutlich zutage befördert. Welche Lehre sollte Europa aus dieser Krise ziehen?
Maier: Ich hatte eigentlich gehofft, dass man im Sommer die Lehren schon gezogen hat und erkannt hat, dass es nichts bringt, wenn man Grenzen, die für ein Virus keine Rolle spielen, wieder versucht zuzumachen. Ich bin jetzt leider etwas enttäuscht worden, dass man diese Lehren noch nicht gezogen hat. Aus meiner Perspektive ist das fahrlässig, weil Europa es nur gemeinschaftlich schaffen kann, die richtigen Instrumente und Wege zu finden, um diese Pandemie gemeinschaftlich zu bekämpfen.
Es wird nichts bringen, sich abzuschotten, egal in welche Richtung und es wird auch nichts bringen, in den großen Herausforderungen nationalstaatliche Alleingänge zu machen. Das betrifft jetzt die Pandemie. Aber das ist genauso eine Fragestellung in der Geflüchtetenpolitik oder an anderen Stellen. Überall dort, wo es große Herausforderungen gibt, können wir auf keine nationalstaatlichen Politikstrategien setzen. Da braucht es Europa.
DOMRADIO.DE: Jetzt werden Sie "Frau Europas" 2021. Was bewirkt das denn konkret?
Maier: Das weiß ich selber noch nicht genau. Aber was ich mir schon wünschen würde, ist, dass man durch diesen Titel und auch durch diese Veranstaltungen, die sich um diese Preisverleihung ranken, die Möglichkeit hat, Themen, die uns wichtig sind, einzubringen. Mir und der Kollegin, die den Preis auch bekommt. Dass wir die Möglichkeit haben, nochmal die Themen zu setzen, die gerade im europapolitischen Diskurs eine große Rolle spielen.
Und für mich ist natürlich auch die Partnerschaft oder der Austausch mit den Ländern der östlichen Partnerschaft, Ukraine, Belarus, dem Westbalkan wichtig. Es ist bedeutsam, dass all diese Länder, die noch nicht zur EU gehören, aber ganz wichtig für Europa sind, nicht aus dem Blick geraten. Deswegen hoffe ich, dass ich die nächsten Wochen und Monate nutzen kann, um den Fokus auf diese Länder und die Menschen in diesen Ländern zu richten.
Das Interview führte Hilde Regeniter.