Im Rahmen des Anti-Missbrauchsgipfels im Vatikan hat sich Kardinal Reinhard Marx am Freitag mit internationalen Vertretern von Opfern getroffen. Das Gespräch in Rom mit 16 Mitgliedern des Netzwerks "Ending Clergy Abuse" (ECA) habe rund eineinhalb Stunden gedauert, teilte der Sprecher der Deutschen Bischofskonferenz, Matthias Kopp, im Anschluss mit. Dabei habe sich Marx vor allem die Erfahrungen der Betroffenen angehört; zudem habe man über das Verständnis von "Null Toleranz" gesprochen.
Über das Gespräch wolle Marx am Abend auch Papst Franziskus informieren und Grüße überbringen, so Kopp. Organisiert hatten die spontane Begegnung der deutsche Vertreter bei ECA, Matthias Katsch vom "Eckigen Tisch", und Kopp.
Eigene Veranstaltungen der Opferverbände
Betroffene von Missbrauch und Vertreter von Verbänden wie ECA und der US-Initiative "BishopAccountability.org" begleiten das weltweite Bischofstreffen in dieser Woche mit eigenen Veranstaltungen. So fordern sie eine weltweit einheitliche "Null-Toleranz"-Politik gegenüber Missbrauch und dessen Vertuschung sowie angemessene Entschädigungen.
Auch kritisierten die Verbände im Vorfeld, dass ihre Vertreter bei dem Bischofstreffen nicht gehört würden. Schon am Mittwoch gab es ein ebenfalls recht kurzfristig arrangiertes Treffen zwischen zwölf ECA-Vertretern und den Organisatoren des Vatikan-Gipfels. Die Atmosphäre des Gesprächs sei offen gewesen, auch wenn es auf beiden Seiten teils unterschiedliche Vorstellungen über Zeitdauer und Durchführbarkeit von Maßnahmen gab, sagten Teilnehmer anschließend.
Daten zu Missbrauch weltweit veröffentlichen
Erstmals ist beim Anti-Missbrauchsgipfel im Vatikan über konkrete rechtliche Vorschläge diskutiert worden. Der Vatikan will zudem in naher Zukunft über die Zahl aller Geistlichen informieren, die wegen sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen kirchenrechtlich bestraft wurden. Das kündigte der Chefermittler des Papstes für Sexualstraftaten, Erzbischof Charles Scicluna, am Freitag an.
Die Römische Glaubenskongregation, bei der seit knapp 20 Jahren alle Fälle von sexuellem Missbrauch durch katholische Geistliche gerichtlich verhandelt werden, arbeite an der Erfassung und Herausgabe der entsprechenden statistischen Daten, erklärte Scicluna.
US-Kardinal Blase Cupich aus Chicago legte am Freitag einen Zwölf-Punkte-Plan vor, der bestehende kirchenrechtliche Normen ergänzen und verschärfen soll. Demnach soll eine Absetzung von Bischöfen möglich werden, die beim Umgang mit Missbrauch versagt haben.