Kommentar zur Medienschelte von Kardinal Sarah

Immer diese bösen Journalisten!

Kardinal Sarah als Gegenspieler zu Papst Franziskus? Blödsinn, sagt der langjährige Kurienkardinal, das behaupten Journalisten immer wieder. Solche Pauschal-Kritik sollte sich Kardinal Sarah lieber sparen, kommentiert Redakteur Mathias Peter.

Kardinal Robert Sarah (Archivbild) / © Paul Haring/CNS photo (KNA)
Kardinal Robert Sarah (Archivbild) / © Paul Haring/CNS photo ( KNA )

"Sie berichten nicht objektiv" – das bekommen Medienleute immer wieder zu hören. Meistens ist damit eher gemeint: "Sie berichten nicht in meinem Sinne!" So ähnlich wirkt aktuell die Medienkritik von Robert Kardinal Sarah, der gerade als Präfekt der Kongregation für Gottesdienst und die Sakramentenordnung in den Ruhestand gegangen ist.

Kardinal Sarah ist ein erfahrener Kirchenmann mit einer beeindruckenden Biographie. Mit 34 Jahren schon zum (Erz-)Bischof geweiht, seit gut 20 Jahren an der Kurie, Menschen, die ihm persönlich begegnen, sind von seiner spirituellen Ausstrahlung beeindruckt. Eigentlich sollte man erwarten können, dass sich der Kardinal für eine eher unterkomplexe Medienschelte zu schade ist.

Medien neigen zu Vereinfachungen

Natürlich lieben es Medienleute, Personen mit Etiketten zu versehen und Konfliktlinien an konkreten Menschen festzumachen. Das dient der Darstellbarkeit in wenigen Sätzen und kann durchaus unscharf und auch ungerecht werden. Genauso wenig wie Franziskus der Revoluzzer-Papst ist, der haargenau die Reformen umsetzen will, die progressive Christen schon lange fordern, ist Robert Kardinal Sarah ein offener Gegner oder gar eine Art Anti-Papst, der eine rein vorkonziliare Agenda betreibt.

Kardinal Sarah wirft in einem aktuellen Interview Journalisten vor, sie würden diesen "Blödsinn" (im italienischen Interview wörtlich "sciocchezze", in der englischen Übersetzung "nonsense") immer wieder behaupten, nämlich, dass er gegen den Papst sei.

Irritierend dabei ist, dass Kardinal Sarah regelmäßig Interviews gibt, Bücher oder Texte im Internet veröffentlicht, um die es dann "Missverständnisse" gibt. Doch dann liegt jedes Mal die Schuld nicht bei ihm, sondern bei anscheinend böswilligen Kräften, die ihn falsch verstehen wollen.

Wo kommen all die Missverständnisse nur her?

Papst Franziskus sah sich 2017 zu einem öffentlichen Schreiben an ihn genötigt, um klarzustellen, dass der Papst-Erlass "Magnum principium" tatsächlich die Bischofskonferenzen gegenüber der Gottesdienstkongregation stärken möchte, ihnen mehr Verantwortung bei der Übersetzung liturgischer Texte geben will und eben nicht alles beim Alten bleibt. Diesen Eindruck vermittelte aber genau ein Kommentar auf diversen Internet-Seiten, der Kardinal Sarah als Verfasser nannte.

Ein Jahr zuvor korrigierte der Vatikan eine Aussage von Kardinal Sarah bei einem Vortrag, dass der Papst ihn zu einer "Reform der Reform" im Bereich der Liturgie beauftragt habe. Der Vatikan stellte klar, "besser" sei, den Ausdruck "Reform der Reform" nicht zu verwenden, weil er bisweilen Missverständnisse hervorrufe.

2020 sprach Kardinal Sarah von "außergewöhnlich schweren Diffamierungen" in Bezug auf die Berichterstattung rund um sein Buch zum Thema Zölibat. Er gab zunächst Benedikt XVI. als Co-Autor des Werkes an, der wirkte aber darauf hin, dass sein Name vom Buchumschlag entfernt wurde, und bekannte sich lediglich zu einem der im Buch publizierten Aufsätze. Auch hier gab es wieder "Missverständnisse" oder gar "Lügen" von Seiten der Medien, aber keine Selbstkritik.

Ein guter Berater widerspricht auch - intern!

Als Kardinal gehört Sarah zu den engsten Beratern des Papstes. Selbstverständlich soll und muss ein guter Berater dem Papst wenn nötig widersprechen – aber bitte nur intern und nicht über die Medien. Wenn er es doch tut und es dann immer wieder zu "Missverständnissen" kommt, ist da der Gedanke so verwegen, dass es doch ab und zu auch am Kardinal selbst liegen könnte?


Mathias Peter / © Ide Lödige (DR)
Mathias Peter / © Ide Lödige ( DR )
Quelle:
DR