Wie blicken Ehrenamtler in diesen Tagen auf die Kirche?

"Immer noch ein Stück weit Heimat"

Für wen die Kirche wie ein Zuhause ist, kann in diesen Zeiten das Gefühl haben, sich dafür rechtfertigen zu müssen. Denn viele Menschen kritisieren dieses Zuhause zunehmend. Wie geht ein engagiertes Kirchenmitglied damit um?

Kreuz auf einer Kirchturmspitze / © Chaz Muth (KNA)
Kreuz auf einer Kirchturmspitze / © Chaz Muth ( KNA )

DOMRADIO.DE: Wie engagieren Sie sich denn für die Kirche? Wo und wie sind Sie aktiv?

Herbert Weber (Ehrenamtlicher in der Pfarrgemeinde St Sebastian, Solingen): Ich wohne in Solingen und bin hier in der Pfarrei St. Sebastian. Ich bin hier Lektor. Ich singe in zwei Chorgruppen, ich bin Taufkatechet und im Ortsausschuss und bin Krippenbeauftragter.

DOMRADIO.DE: Sehr vielseitig. Und das macht Ihnen Spaß? 

Weber: Ja, die Arbeit in der Kirche macht mir Spaß. Ich bin vor über zehn Jahren nach Solingen gezogen. Ich komme ursprünglich aus Oberhausen und habe einfach hier, um Leute kennenzulernen, mein Ehrenamt sozusagen weitergeführt und dadurch ganz schnell ganz viele tolle Leute kennengelernt. 

DOMRADIO.DE: Die Kirche ist für Sie wirklich ein Zuhause. Da ist natürlich das Ganze dann noch viel schwerer, wenn plötzlich viele Menschen dieses Zuhause grundsätzlich einfach mal infrage stellen. Wie geht es Ihnen? Werden Sie oft, zum Beispiel im Freundeskreis, gefragt: Warum machst du das eigentlich noch? 

Weber: Nicht mehr so viel. Die allermeisten wissen, dass ich sehr aktiv bin. Ich sage mal, als ich damals Jugendlicher war, war es schwieriger zu erklären, warum ich immer noch Messdiener bin. Aber heute ist es weniger geworden. Die allermeisten wissen das und klar wird natürlich auch darüber, was hier oder da passiert ist, gesprochen. Aber grundsätzlich muss ich mich da nicht rechtfertigen, warum ich immer noch in der katholischen Kirche aktiv bin.

DOMRADIO.DE: Im Erzbistum Köln treten viele Katholikinnen und Katholiken gerade aus. Das käme für Sie aber nicht in Frage, oder? 

Weber: Die katholische Kirche ist immer noch ein Stück weit Heimat, ein Stück weit Zuhause. Ich erlebe hier in St. Sebastian immer noch eine sehr aktive Pfarrgemeinde, sehr engagierte Leute, die meiner Meinung nach das, was wirklich das Evangelium verkündet, auch leben: Nächstenliebe, Freundschaft, Gemeinschaft. Das halte ich für sehr wichtig. Das wird auch von den beiden Priestern, die es hier gibt, vorgelebt. Deswegen fühle ich mich noch sehr wohl. 

DOMRADIO.DE: Wie gehen Sie denn damit um, wenn aus Rom dann eine Vorschrift kommt, dass homosexuelle Paare nicht gesegnet werden dürfen? Das hat ja wirklich viele vor den Kopf gestoßen. Wie ist das bei Ihen? Sträuben sich da die Haare?

Weber: Natürlich sträuben mir die Haare und ich persönlich halte das für einen großen Fehler, denn ich glaube einfach, dass Liebe was Göttliches ist. Wenn sich zwei Menschen gefunden haben, einander lieben, dann haben wir nicht das Recht, da zu intervenieren.

Aber ich erfahre, dass es in hier in der Ortskirche ganz anders gehandhabt wird und das ist so okay für mich. Also ich finde das nicht okay, was Rom sagt. Das halte ich für völlig daneben, denn im Jahr 2021 ist das völlig realitätsfern. 

DOMRADIO.DE: Das sagt dann aber ja auch nicht nur Rom, sondern das sagt in dem Fall dann auch Köln. Also der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki liegt auf dem traditionellen Kurs der katholischen Sexualmoral und stimmt dem zu, was aus aus dem Vatikan verkündet wird. Der Kardinal führt die Kirche im Erzbistum Köln: Hat das für Sie Gewicht? Wie stehen Sie dazu? 

Weber: Es hat für mich nicht ganz so viel Gewicht. Erst mal finde ich es sehr schade, dass jemand das gerade in Köln, einer sehr weltoffenen, toleranten Stadt, sagt. Auf der anderen Seite glaube ich aber auch, dass der Kardinal nicht immer seine Meinung kundtut. Vielleicht denkt er über diese Sache anders, aber vielleicht kriegt er, gerade weil er Erzbischof und Kardinal in Köln ist, so viel Druck von oben, dass er sich halt einfach dem Druck beugt und sagt: Hier, so sieht das jetzt aus. 

DOMRADIO.DE: Wie geht es denn jetzt weiter mit der Kirche? Wenn Sie zwei, drei Wünsche frei hätten, was würden Sie sich für die Kirche wünschen? 

Weber: Der erste Punkt ist, dass sich die große Amtskirche mal wieder vor Augen hält, dass wir nur Gläubige und nicht Wissende sind. Wir glauben, dass es Gott gibt, wir wissen es aber nicht. Und daraus folgt mehr Demut - einfach gucken: Was braucht der Mensch? Was muss ich als Seelsorger für meinen Nächsten tun? Wer ist mein Nächster? Das halte ich für ganz, ganz wichtig. Nicht einfach vorgeben, was sie zu brauchen haben.

Denn die Menschen brauchen meistens etwas anderes, als das, was wir denken.


Quelle:
DR
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