DOMRADIO.DE: Wie genau sind Sie denn überhaupt auf die Idee dieser Bibelclouds gekommen?
Martin Wolters (Ingenieur): Die Idee ist mir vor etwas mehr als zehn Jahren gekommen. Damals wollte ich mich persönlich intensiver mit der ganzen Bibel auseinandersetzen. Ich hatte vorher immer nur einzelne Texte gelesen, aber ich wollte auch die Bibel als Ganzes verstehen.
Ich wusste, ich würde es nicht schaffen, sie chronologisch von Anfang bis Ende zu lesen. Deswegen suchte ich nach einer Möglichkeit, mich auf andere Weise mit der ganzen Bibel zu beschäftigen.
Damals waren gerade diese Wortwolken modern, da habe ich versucht, die Bibel anhand dieser Wortwolken zu analysieren. Als Ingenieur liegt mir die Arbeit am Computer natürlich auch sehr nahe und ich habe eine eigene Software geschrieben, die diese Bibelclouds erzeugt.
Nach und nach habe ich festgestellt, wenn ich mir einzelne Bücher anschaue, dann bekomme ich noch einen ganz anderen Einblick. Das hat mir so gut gefallen, dass ich das so weit ausbauen wollte, damit das auch andere Leute in der Gemeindearbeit oder im Religionsunterricht nutzen können.
DOMRADIO.DE: Sie haben 66 Fingerabdrücke der Bibel angefertigt. Was ist Ihnen bei der Betrachtung aufgefallen?
Wolters: Ganz interessant finde ich immer wieder die Bücher des Alten Testamentes. Wir Christen beschäftigen uns meistens erst mal mit dem Neuen Testament. Das ist uns näher und dadurch erschließt sich uns eigentlich erst die Bedeutung der Bibel. Aber das Alte Testament hat eine viel größere Vielzahl an Büchern, an Autoren, an Themen. Und die große Variabilität zwischen den Büchern springt einem bei diesen Wortwolken förmlich ins Gesicht. Das weckt das Interesse, in die einzelnen Bücher mal reinzuschauen.
Das betrifft jetzt auch nicht nur Ausreißer, wie zum Beispiel das Hohelied, das sich durch die Sprache deutlich von den anderen Büchern unterscheidet und damit auch in der Wortwolke. Sondern das betrifft zum Beispiel auch die prophetischen Bücher, die Weisheitsbücher. Es hat mich damals sehr überrascht, wie ansprechend und spannend das Alte Testament sein kann.
DOMRADIO.DE: Durch die Wortwolken sind ja keine zusammenhängenden Texte entstanden, sondern nur Schlagworte. Wie kommt denn trotzdem die Frohe Botschaft rüber?
Wolters: Die Inhalte eines Textes werden durch solche Wortwolken nicht wiedergegeben. Man kann den Wortwolken nur entnehmen, welche spezielle Sprache vorkommt, um welche Themen es geht und wer die handelnden Personen sind. Darum haben die Bibelclouds auch nicht den Anspruch, das Lesen in der Bibel zu ersetzen, sondern ganz im Gegenteil.
Die Bibelclouds sollen dazu motivieren, in die Bibel reinzuschauen und mal nachzulesen, worum es in dem entsprechenden Buch geht. Die Frohe Botschaft muss man sich noch selber erlesen.
DOMRADIO.DE: Wie waren die Rückmeldungen aus dem Religionsunterricht, wenn dort die Bibelclouds genutzt wurden?
Wolters: Ganz hervorragend. Ich habe das häufig auch selbst gemacht und bin in verschiedene Schulen eingeladen worden. Das Tolle ist, dass die Bibelclouds ein sehr niederschwelliges Angebot sind. Man kann mit ihnen arbeiten und die Bibel entdecken, ohne jegliches Vorwissen zu haben.
Jeder in der Gruppe hat den gleichen Zugang, die gleiche Möglichkeit, sich mit diesen Wortwolken auseinanderzusetzen. Man kann gemeinschaftlich die Wortwolken sortieren, man kommt darüber ins Gespräch und das alles in einer sehr kurzweiligen und ansprechenden Art und Weise.
Ich kenne auch Seniorenkreise, die schon mit Bibelclouds gearbeitet haben. Auf der Website bibelclouds.de gibt es die ganzen Wortwolken und die dazugehörenden Texte online und auch kostenlose Anleitungen für Religionslehrer für Unterrichtsstunden, Prüfungsfragen und Hausaufgaben, die man mit auf den Weg geben kann.
Das Interview führte Tim Helssen.