Initiativen fordern Stopp von geplanter Abschiebung

Kirchenasyle "für die Behörden tabu"

Nach dem Bruch des Kirchenasyls in einer evangelischen Gemeinde im Kreis Viersen soll das betroffene Ehepaar offenbar am Dienstag nach Polen überstellt werden. Menschenrechtsorganisationen fordern die Abschiebung zu stoppen.

Ein Schlafsack liegt zwischen zwei Kirchenbänken / © Harald Oppitz (KNA)
Ein Schlafsack liegt zwischen zwei Kirchenbänken / © Harald Oppitz ( KNA )

Der Fall solle erneut geprüft werden, so Proasyl und weitere Organisationen. Die wegen der Meldeadresse des Paares zuständige Stadt Viersen wollte den Abschiebetermin dem Evangelischen Pressedienst (epd) mit Verweis auf das noch laufende Verfahren nicht bestätigen.

Das Paar aus dem Irak befindet sich aktuell in Abschiebehaft 

Die ursprünglich von Flughafen Düsseldorf aus geplante Rücküberstellung des kurdischen Ehepaares, die wegen eines Zusammenbruchs der Frau am 10. Juli abgebrochen worden war, soll nach Angaben von Pro Asyl, dem Ökumenischen Netzwerk Asyl in der Kirche in NRW und der Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche nun "auf dem Landweg vollendet werden". Der Anwalt des Paares bestätigte das auf epd-Anfrage. Das Paar aus dem Irak befindet sich aktuell in Abschiebehaft in Darmstadt.

Der Fall hatte Aufsehen erregt, weil die Behörden entgegen einer Vereinbarung zwischen dem Land NRW und der rheinischen Landeskirche die Eheleute bei einer unangekündigten Hausdurchsuchung in Haft
genommen hatten. 

Pro Asyl: Kirchenasyle müssen geschützte Räume bleiben

Die Organisationen um Pro Asyl forderten, Kirchenasyle müssten auch künftig geschützte Räume bleiben, "die für die Behörden tabu sind". Die Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche, Dietlind Jochims, verlangte "eine gründliche Aufarbeitung" des behördlichen Vorgehens. Das kurdische Paar müsse "umgehend" aus der Abschiebehaft entlassen werden.

In Polen bei ihrer Flucht bereits "unmenschlich behandelt"

Das irakische Paar war 2021 aus seiner Heimat geflohen und hatte ab Mai 2023 in der zur Stadt Nettetal gehörenden Kirchengemeinde Lobberich/Hinsbeck im Kirchenasyl gelebt, um nicht im Rahmen des Dublin-Abkommens nach Polen überstellt zu werden. In Polen seien sie bereits auf ihrer Flucht über Belarus in einem geschlossenen Lager festgehalten und "unmenschlich behandelt" worden, hieß es.

Das Ehepaar habe Gewalt von polnischen Sicherheitskräften erlebt und sei nun in großer Angst, erklärten die Menschenrechtsorganisationen. Bei der Räumung des Kirchenasyls sei "völlig außer Acht gelassen worden",
dass das Paar bereits schwer traumatisiert gewesen und die Frau deswegen schon länger in psychiatrischer Behandlung sei, kritisierte die Pfarrerin der Gemeinde, Elke Langer.

Eine Vereinbarung zwischen dem Land NRW und der Kirche zum Kirchenasyl sieht vor, dass Gemeinden möglichst vorher von den Ausländerbehörden über geplante aufenthaltsbeendende Maßnahmen informiert werden sollten.

Kirchenasyl

Beim sogenannten Kirchenasyl nehmen Gemeinden oder Ordensgemeinschaften vorübergehend Asylbewerber auf, um eine Abschiebung abzuwenden, weil diese für den Flüchtling eine Bedrohung an Leib und Leben darstellt. Schon aus dem vierten Jahrhundert ist bekannt, dass Flüchtlinge in Kirchen Schutz suchten.

Ein Schlafsack und ein Rucksack liegen auf einer Kirchenbank. Im Hintergrund steht ein Zelt. / © Harald Oppitz (KNA)
Ein Schlafsack und ein Rucksack liegen auf einer Kirchenbank. Im Hintergrund steht ein Zelt. / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
epd