Israelin und Palästinenserin kämpfen gemeinsam für Frieden

Jetzt erst recht

Palästinenserin Rana Salman und Israelin Eszter Koranyi leiten die "Combatants for Peace". Damit gehören sie zur Minderheit in beiden Gesellschaften, die sich aktiv für einen gewaltfreien Weg aus dem Konflikt im Nahen Osten einsetzen.

Autor/in:
Andrea Krogmann
Palästinenserin Rana Salman und Israelin Eszter Koranyi, Co-Direktorinnen der israelisch-palästinensischen Organisation "Combatants for Peace" (CfP - Kämpfer für den Frieden) / © Andrea Krogmann/KNA
Palästinenserin Rana Salman und Israelin Eszter Koranyi, Co-Direktorinnen der israelisch-palästinensischen Organisation "Combatants for Peace" (CfP - Kämpfer für den Frieden) / © Andrea Krogmann/KNA

An normalen Tagen des Nahostkonflikts sind Rana Salman und Eszter Koranyi ein ungewöhnliches Paar. Die palästinensische Christin und die jüdische Israelin leiten als Co-Direktorinnen die israelisch-palästinensische Organisation „Combatants for Peace“ (Kämpfer für den Frieden, CfP). Der Hamasangriff vom 7. Oktober 2023 und der folgende Gazakrieg hat die Konfliktrealität auf den Kopf und die beiden Frauen und ihre Organisation auf eine harte Probe gestellt. Sehr bewusst stellten sie sich der Herausforderung, gerade jetzt Hoffnungsträger zu sein.

Der 7. Oktober habe sie „aus dem Nichts getroffen“ und zu einer enormen Erschütterung geführt, sagt Eszter Koranyi. Die Jerusalemerin, damals verantwortlich für das CfP-Jugend-Leadership-Programm, war in Tel Aviv, als die Hamas zahlreiche israelische Orte entlang der Grenze zum Gazastreifen angriff, rund 1.270 Menschen tötete und 250 Geiseln nahm. „Ein Schock“, seien die Nachrichten gewesen, sagt auch Rana Salman, „es fühlte sich nicht real an“. Sie erreichten die Berichte zuhause, „auf dem Weg ins Büro“.

Rana Salman und Eszter Koranyi

"Das ist nicht die Befreiung, die wir wollen.“

Mit diesem Schock endet die Gemeinsamkeit dessen, was Koranyi und Salman an dem dramatischen Oktobertag erlebten. Während langsam das Ausmaß der Tragödie deutlich wurde, trafen bei der Israelin immer mehr Reaktionen ein, die mangelndes Mitgefühl der palästinensischen Partner beklagten.

Auf palästinensischer Seite seien die ersten Bilder nicht jene von den Hamas-Massakern gewesen, sondern Bilder von fallenden Zäunen, solche, die „die Befreiung der Palästinenser symbolisierten“ und von den Menschen mit Freude aufgenommen wurden, erklärt Rana Salman. Die Palästinenser, üblicherweise Opfer, seien auf einmal an der Macht gewesen. Erst später kamen Aufnahmen des Horrors und mit ihnen die Scham: „Das ist nicht die Befreiung, die wir wollen.“

Befreiung - Horror - Scham

Von den Palästinensern zu hören, dass sie den 7. Oktober oder Teile des Geschehens leugneten, sei hart gewesen, sagt Koranyi. Quasi sofort initiierte die Organisation Gespräche ihrer israelischen und palästinensischen Mitglieder. „Nach nicht einmal einer Kriegswoche hatten wir bereits zwei gemeinsame Gespräche. Wir verstanden, dass wir die Kluft zwischen uns schließen müssen.“ Dann seien auch die Anrufe von Palästinensern eingegangen, die sich um ihre israelischen Kollegen sorgten.

Der 7. Oktober hat wie der Krieg im Gazastreifen den israelisch-palästinensischen Friedensaktivismus zutiefst erschüttert. Viele Hardcore-Peaceniks, wie Israelis ihre friedensbewegten Landsleute nennen, konnten sich kaum vorstellen, auf palästinensischer Seite je wieder einen Partner zu haben. Gemeinsame Projekte wurden auf Eis gelegt, Koexistenz-Veranstaltungen nach Volksgruppen getrennt, Palästinenser, die an ihrem Engagement festhalten, von ihren Landsleuten der Normalisierung beschuldigt.

Die Pflicht zur Verantwortung

Auch die Combatants for Peace haben in Sachen Mitgliederzahlen Federn gelassen. Der Organisation und dem Einsatz für eine andere Lösung den Rücken zuzukehren, stand für die beiden Frauen jedoch nicht zur Debatte. Koranyi ließ sich stattdessen für die Co-Direktion aufstellen. Emotional habe man viel verarbeiten müssen, sagen Salman und Koranyi, zugleich aber auch das Gefühl gehabt, Verantwortung übernehmen zu müssen. Am Ende habe diese Haltung der Organisation zahlreiche neue Mitglieder gebracht. „Viele haben realisiert, dass beide Seiten in diesem Zyklus gefangen sind und Krieg für niemanden gut ausgeht“, so Koryani.

Die Friedenskämpferinnen traf der 7. Oktober wie die meisten im Land wie ein Schlag - und trotzdem nicht unerwartet. „Wir wussten nicht, wann oder wo es passieren würde, aber bei Combatants for Peace waren wir uns sehr bewusst, dass dies keine Situation ist, die man aufrechterhalten kann“, beschreiben sie die anhaltende Besatzung.

Rana Salman und Eszter Koranyi

"Alle Augen waren auf uns gerichtet. Sie brauchten uns als Hoffnungsträger.“

Als eine der wenigen israelisch-palästinensischen Organisationen habe sich Combatants for Peace nach dem 7. Oktober den Medien gestellt, berichten Salman und Koranyi. „Alle Augen waren auf uns gerichtet. Sie brauchten uns als Hoffnungsträger.“ Heute verheilen allmählich die Wunden, die der 7. Oktober auch den Friedenskämpferinnen zugefügt hat. Es sei hart, die Schmerzen beider Seiten auszuhalten, „aber wir wissen, dass dies der Weg ist“, sagen sie.

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Menschen in Jerusalem an Pessach / © Johannes Schidelko (KNA)
Menschen in Jerusalem an Pessach / © Johannes Schidelko ( KNA )
Quelle:
KNA