Die israelische Historikerin Fania Oz-Salzberger hält eine Zwei-Staaten-Lösung für Israelis und Palästinenser zwar nicht für unmöglich, aber doch in weite Ferne gerückt. "Bestimmt nicht morgen früh und sofort, sie steht aber am Horizont", sagte die Tochter des 2018 gestorbenen Schriftstellers Amos Oz der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Bonn. "Erst müssen wir die schlechteste israelische Regierung aller Zeiten loswerden und eine Regierung der Mitte wählen, hoffentlich mit der moderaten Linken und moderaten Rechten."
Die israelische Gesellschaft müsse wieder aufgebaut werden, nachdem Ministerpräsident Benjamin Netanjahu die Solidarität zwischen den Menschen in den vergangenen 15 Jahren zerstört habe. "Das war sein Trick. Er sieht die Linke als illegitimen Feind und nicht als politischen Gegner." Insgesamt sei es eine gefährliche Situation, und das teilweise gewaltsame Agieren von Siedlern im besetzten Westjordanland, das im Fall einer Zwei-Staaten-Lösung einem palästinensischen Staat zugerechnet würde, sei ein "fortdauerndes Verbrechen", so Oz-Salzberger.
Drei verschiedene "Kriege" gleichzeitig
Seit dem Überfall der Terrororganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 kämpfe sie selbst drei verschiedene "Kriege" gleichzeitig, sagte Oz-Salzberger: gegen die Hamas im Gazastreifen und die radikal-islamische Hisbollah im Libanon, gegen die in Teilen rechtsextreme israelische Regierung und gegen israelfeindliche internationale Akteure.
Insgesamt setze sie auf die moderaten Kräfte sowohl auf israelischer als auch auf palästinensischer Seite, erklärte die Historikerin, die sich selbst als liberale Zionistin bezeichnet. "Die Hamas muss aus der politischen Matrix verschwinden, weil sie nicht mit Israel verhandeln und stattdessen den Staat abschaffen will." Und: "Den Freunden Israels sage ich: Ermächtigt die Moderaten. Hoffentlich wird der künftige deutsche Kanzler Friedrich Merz dazu beitragen."
Heilung auf beiden Seiten nötig
Oz-Salzberger sagte, sie wisse momentan nicht, wie all die unterschiedlichen Gruppen in Israel und den Palästinensischen Gebieten nach dem Gazakrieg als Folge des Hamas-Angriffs koexistieren sollten. "An irgendeinem Punkt muss Feindschaft verdunsten, im Moment herrscht aber nur Hass. Auf beiden Seiten muss erst einmal ein Prozess der Heilung stattfinden."
Bundesregierung sollte starker Freund Israels sein
Von der künftigen Bundesregierung erhofft sich die israelische Historikerin Fania Oz-Salzberger einen "starken Freund" für Israel. "Wir brauchen die Art von Freundschaft, die dabei hilft, unsere Gesellschaft zu stabilisieren, weil die aktuelle Regierung unter Ministerpräsident Benjamin Netanjahu jenseits jeglicher Vernunft ist", sagte die Tochter des 2018 gestorbenen Schriftstellers Amos Oz der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Bonn. Das Israel, das unterstützt werden müsse, sei die Zivilgesellschaft und nicht die in Teilen rechtsextreme Regierung.
Mit Blick auf die immer wieder kritisierte Nahost-Politik der bisherigen Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sagte Oz-Salzberger: "Sie hätte sicher stärker Druck auf die israelische Regierung ausüben müssen."

Den Aufstieg der AfD als zweitstärkste Kraft bei den Bundestagswahlen bezeichnete die Historikerin als ein "Beinahe-Äquivalent" zu dem Aufstieg der "extrem rechten Populisten in Israel, Ungarn und den USA". Oz-Salzberger betonte: "Ich möchte keine Art der Unterstützung für Israel, wie sie die AfD oder US-Präsident Donald Trump geben würden. Das sind nicht die Freunde, die ich möchte." Auch nicht, obwohl Trump zur Freilassung von Geiseln beigetragen habe, die nach dem Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 in den Gazastreifen verschleppt worden waren.