Wen und was darf die Kirche segnen? Darüber wird seit Jahren heftig diskutiert. Wenn Motorräder, Waffen oder Gitterzäune gesegnet werden, wird berechtigterweise aus vielen Richtungen kritisiert, dass gleichgeschlechtlichen Paaren der Segen Gottes von der Kirche mitunter immer noch verwehrt wird. Mit an vorderster Front ist dabei der Bund der Deutschen Katholischen Jugend, der BDKJ. So schreibt der Diözesanverband Freiburg auf seiner Homepage: "Der BDKJ Freiburg ist der Überzeugung, dass der Segen Gottes jedem Menschen gilt, unabhängig von der Herkunft, der Entsprechung moralischer Normen oder einer bestimmten Sexualität."
Jedem Menschen, unabhängig der Entsprechung moralischer Normen. Auf seiner Hauptversammlung am Wochenende hat der BDKJ-Bundesverband allerdings etwas anderes beschlossen. AfD-Politikern soll der traditionelle Segen der Sternsinger im kommenden Jahr nicht gespendet werden. Seit 1961 wird die Aktion Dreikönigssingen gemeinsam vom Kindermissionswerk und dem BDKJ organisiert. In der BDKJ-Pressemittelung vom Wochenende heißt es: "Wir setzen uns im BDKJ entschieden gegen jede Form von Rassismus, Misogynie, Hass und Rechtsextremismus ein. Dies soll sich auch beim Sternsingen zeigen.“
Gute Idee in polarisierten Zeiten?
Auf den ersten Blick ein gutes Zeichen, da wir in Politik, Gesellschaft und auch Kirche seit Jahren eine klare Kante gegen Rechtspopulismus und -extremismus fordern. Ist die Verweigerung eines Segens aber dafür der richtige Weg? Gerade wenn der BDKJ betont, dass jeder Mensch, unabhängig "der Entsprechung moralischer Normen" gesegnet werden sollte?
Ganz klar: Engagement gegen rechts zu zeigen hat auch in der Kirche im Moment aus gutem Grund Priorität. So haben sowohl katholische als auch evangelische Kirche im Frühjahr unabhängig voneinander die Unvereinbarkeit von Kirche und AfD betont. Im Bistum Trier wurde sogar vor kurzem ein AfD-Landtagsabgeordneter aus dem Verwaltungsrat einer Kirchengemeinde entfernt. Das Bistum dazu: "Wer eine Partei vertritt, die (...) die Menschenwürde angreift, ist im kirchlichen Dienst oder in einem Ehrenamt nicht mehr tragbar." Alles richtig und wichtig im Jahr 2024, wo bei drei ostdeutschen Landtagswahlen die realistische Chance einer AfD-Mehrheit besteht.
Segen ist nicht politisch
Das Problem ist, dass ein Segen etwas anderes ist als ein politisches Statement. Aus gutem Grund betont der Freiburger BDKJ, dass die Kirche niemandem den Segen verweigern sollte. Wenn der Bundesverband dies nun aber beim Sternsingersegen vorhat, wird er seinen eigenen Ansprüchen nicht gerecht.
Wenn im Januar wieder die Sternsinger von Haus zu Haus ziehen und der erste AfD-Politiker eine Absage bekommt, kann er sich mit gutem Grund beschweren und, wie AfD-Politiker es so gerne tun, die Opferrolle einnehmen. Eine inhaltliche Auseinandersetzung auf politischer Ebene wäre hier eher angebracht. Einen Segen zu verweigern wird nach hinten losgehen. Im schlimmsten Fall erreicht der BDKJ mit dieser Aktion genau das Gegenteil von dem, was beabsichtigt war, und treibt unentschlossene katholische Wählerinnen und Wähler in die Arme der Populisten. Ob die politische Ausrichtung nun passt oder nicht: Segen ist Segen und keine Politik.
Zum Autor: Renardo Schlegelmilch ist Redakteur bei DOMRADIO.DE.