DOMRADIO.DE: Karfreitag - ein stiller Feiertag, an dem Christen in aller Welt an das Leiden und Sterben Christi erinnern. Ruhig soll es da sein. Deshalb dürfen Kneipen zwar öffnen, aber es dürfen keine Tanzveranstaltungen stattfinden. Ist das noch zeitgemäß in einer sich zunehmend säkularisierenden Gesellschaft? Immer weniger christlich geprägte Menschen leben in Deutschland. Kann man denen den stillen Feiertag, Karfreitag, überhaupt noch zumuten?
Monsignore Robert Kleine (Kölner Stadtdechant): Er ist dann vielleicht für sie wirklich eine Zumutung. Aber ich glaube, man kann das erklären. Für uns als Christen ist es natürlich der Tag, an dem Jesus gestorben ist. Es ist ein Tag des Nachdenkens und der Trauer, was ja "Kar" auch heißt. Das kann man sicherlich unter Christen gut verstehen.
Aber ich war vor zwei Wochen mit dem Domchor in Israel und dann sind wir ja auch den Kreuzweg gegangen auf der Via Dolorosa. Dann habe ich gedacht, dieser ganze Trubel und das, was geschehen ist, dass jemand ungerechtfertigt gedemütigt, gefoltert, verhaftet und dann getötet wird, das gibt es ja auch in unserer Zeit. Und dann ist mir so der Gedanke noch einmal gekommen: Kann dieser Tag im Frühjahr nicht auch ein Tag sein, wo man an all die denkt, denen heute dasselbe widerfährt wie Jesus damals, nämlich unschuldig zu leiden?
Das kann dann neben den anderen stillen Feiertagen, die wir haben, also wenn ich jetzt an Volkstrauertag denke, ein guter Anlass sein. Dann kann man vielleicht auch, wenn man nicht Christ ist oder nicht an einen Gott glaubt, sagen, dass man diesen Tag, einen Tag im Jahr, versucht auch mal etwas stiller zu gestalten.
DOMRADIO.DE: Karfreitag ist ja auch ein strenger Fastentag. Wie sieht es bei Ihnen aus? Fasten Sie denn?
Kleine: Ich versuche natürlich die ganze Fastenzeit weniger zu essen. An Karfreitag nehme ich morgens kurz eine Stärkung zu mir und dann im Laufe des Tages eine Mahlzeit, ein schlichtes Mittagessen, um einfach diesen Weg etwas mitzugehen, so wie der Versuch da ist, auch in der Fastenzeit sich zurückzunehmen und auf einiges zu verzichten, was schön und auch lecker ist, um dann auch zu sagen, das ist eigentlich alles nicht lebensnotwendig.
Wir brauchen Essen, um zu leben. Aber es gibt auch Dinge, die sind dann zusätzlich, auf die kann man verzichten. Und nach Ostern kann man dann sagen: Jetzt freuen wir uns und singen das Halleluja und können dann auch wieder etwas Gutes trinken und vielleicht auch etwas Leckeres essen.
DOMRADIO.DE: Es ist ja nicht nur bescheiden und still, sondern auch die Glocken schweigen. Die sind aber nicht in Rom oder doch?
Kleine: Ja, das ist ja die Geschichte, dass die Glocken an Gründonnerstag weggeflogen sind, das hat man ja den Kindern früher oder vielleicht auch heute noch erzählt. Die googeln dann vielleicht, wo die Glocken bleiben.
Aber dieses "mit den Ohren fasten", das ist ja auch etwas, was wir schon in der Fastenzeit haben. Es gibt kein Gloria und wir singen kein Halleluja. Jetzt wird auch noch einmal, wenn wir sonst gerade durch Köln oder sonst unsere Städte gehen, hier im Rheinland, dann hört man ja oft die Glocken läuten und dann fällt einem schon auf, dass irgendwas fehlt. Und deshalb freuen wir uns dann auf die Osternacht mit dem Gloria. Dann wird wieder geläutet. Aber ich glaube, auch der Dicke Pitter bleibt in seinem Turm.
Das Interview führte Elena Hong.