Italienerinnen und Italiener fühlen sich immer noch katholisch, wünschen sich aber eine Kirche, die mit der Zeit geht.
Das besagt eine Studie, die das Marktforschungsinstitut Censis im Auftrag der italienischen Bischofskonferenz durchgeführt hat. Italien bleibe grundsätzlich ein katholisches Land, das sich in den Werten des christlichen Glaubens erkenne und dem Gebet Zeit widme, fasst die italienische Tageszeitung "Avvenire" (Sonntag) die Ergebnisse zusammen. Die religiöse Praxis werde allerdings immer individualistischer und man habe Schwierigkeiten, einen Platz im Erfahrungsangebot der kirchlichen Gemeinschaft zu finden.
Weiter zitiert die italienische Zeitung die Studie: Von den 71,1 Prozent der italienischen Bevölkerung, die sich als Katholiken bezeichnen, verstehen sich 15,3 Prozent als praktizierende Katholiken, 34,9 Prozent als Katholiken, die gelegentlich an kirchlichen Aktivitäten teilnehmen und 20,9 Prozent als nicht praktizierende Katholiken. Bemerkenswert sei die Differenz mit Blick auf die Altersgruppe der 18- bis 34-Jährigen: Laut "Avvenire" sinkt der Prozentsatz derjenigen, die sich in unterschiedlichen Abstufungen als katholisch bezeichnen, auf 58,3 Prozent. Als praktizierende Katholiken bezeichneten sich unter den jungen Erwachsenen lediglich 10,9 Prozent.
Umfrage vor Beginn italienischer Synodalversammlung
Die Studie mache religiösen Individualismus als Hauptgrund für die zunehmende Distanz zur Kirche aus. Sie dokumentiere außerdem, dass rund 60 Prozent der Katholiken der Meinung seien, dass sich die Kirche an die veränderten Bedingungen der heutigen Welt anpassen solle. Fast 7 von 10 Italienern seien der Meinung, dass das Thema sexueller Missbrauch in der Kirche die Glaubwürdigkeit der Kirche untergrabe.
Die Umfrage war als repräsentative Stichprobe unter tausend Erwachsenen konzipiert und wurde Ende September durchgeführt. Sie entstand im Vorfeld der ersten Synodalversammlung der italienischen Kirche. Am Wochenende werden dazu über tausend Delegierte in der römischen Basilika Sankt Paul vor den Mauern tagen.
Anders als beim Reformprojekt Synodaler Weg in Deutschland sind bei der italienischen Initiative keine Vertreter von Laienverbänden beteiligt, die gleichberechtigt mit Bischöfen abstimmen könnten.
Vielmehr sollen am Ende Vorschläge beschlossen werden, über die dann die Italienische Bischofskonferenz entscheidet.